FlaschenVERBOTszone überdenken!

Von Steffen Niehaus

Die erst gerade erlassene Flaschenverbotszone reiht sich ein in eine ganze Kette von innenpolitischen Entscheidungen der jüngsten Vergangenheit, von denen sich die Frage aufdrängt, ob diese überhaupt noch einen sozialdemokratischen Geist in sich tragen.
Mit Vorstößen zu BodyCams, dem Ausbau der Videoüberwachung und Verbotszonen, spannt der Senat ein engmaschiges Netz an Verboten, die wohl ebenso gut der konservativen Seite zugeschrieben werden könnten.

Mit der Flaschenverbotszone wird das Mitführen von Glasflaschen und Trinkgläsern im bezeichneten Gebiet untersagt. Allein dies genügt jetzt, um in Bremen als Gefährder der öffentlichen Sicherheit dazustehen. Auf dieser Grundlage ist die Polizei befugt, Platzverweise auszusprechen, Bußgelder zu verhängen und Sicherstellungen vorzunehmen. Aus dem einfachen Grund, dass man eine gläserne Flasche oder ein Trinkglas in der Hand hält. Verdachtsunabhängige Durchsuchungen müssen sich die Bremer im Bahnhofsviertel ohnehin schon gefallen lassen.

Zwar verfolgt der Senat bedeutende Motive, wie die Abwehr körperlicher Attacken mittels Glasflaschen. Doch stützt die Stadt die Polizeiverordnung auf nur wenige Einzelfälle. Auf statistisch belastbares Material lässt sich die Verordnung nach der Begründung jedenfalls nicht zurückführen. Vielmehr wird unter Rückgriff auf Einzelfälle in polizeilichen Ermittlungsakten die Flaschenverbotszone legitimiert.
Die Stadt löst das Spannungsverhältnis zwischen Freiheit und Sicherheit unreflektiert zu Lasten der Freiheit auf. Bereits wenige Straftaten Einzelner genügen dem Senat offenbar, die Freiheit aller zu beschränken.

Die Flaschenverbotszone ist weder unter politischen noch unter rechtlichen Gesichtspunkten frei von Zweifeln.
Sie wird dem Problem körperlicher Gewalt mittels Glasflaschen kaum begegnen können. Vielmehr sind Verlagerungstendenzen zu befürchten. Die Begehung von Körperverletzungen steht ohnehin unter Strafe. Einen Abschreckungseffekt bei den Tätern wird dies kaum bewirken. Vielmehr wird die ohnehin friedliche Mehrheit bestraft.
Auch ist die Verbotszone rechtlich problematisch. Die Stadt muss hierfür eine sogenannte abstrakte Gefahr darlegen. Erlassen werden darf die Verbotszone daher nur aufgrund eines Sachverhalts, der typischerweise in eine konkrete Gefahr mündet. Dem Mitführen von Flaschen haftet aber nicht die Gefahr an, dass Personen die Flasche typischerweise als Schlagwerkzeug einsetzen. Die Stadt erkennt zwar, dass angesichts einer geringen Zahl von Gewalttaten unter der Woche auch eine zeitliche Beschränkung des Verbots auf das Wochenende in Betracht käme. Sie zieht hieraus aber nicht die zwangsläufigen Schlüsse. Vielmehr soll ein Totalverbot gelten. Dieses erscheint jedoch gerade vor dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz problematisch.

FREIHEIT – GERECHTIGKEIT und SOLIDARITÄT als die drei historischen Wurzeln der Sozialdemokratie. Soll dieses Gleichgewicht nicht aus den Fugen geraten, ist der Senat gut beraten, die Wurzel der FREIHEIT nicht länger zu beschneiden.

Ein Kommentar zu "FlaschenVERBOTszone überdenken!"

  1. Die politischen und juristischen Bedenken gegen ein Flaschenverbot als »Waffenverbot« sind für mich nachvollziehbar. – Einen positiven Nebeneffekt hätte das Ganze aber für mich als Fahrradfahrer, der dort arbeitstäglich fährt: weniger Glassplitter. Denn die nerven echt.

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