Hells Angels klare Absage erteilen – In Walle, Bremen und überall

Der Beschluss des Beirats Walle in Bezug auf die »Parzelle Eins« und die »Hells Angels« ist unglücklich und gefährlich zugleich. Unglücklich deshalb, weil ein klar formulierter Antrag in Anbetracht des Besuches mehrerer Mitglieder der Hells Angels stark abgeschwächt wurde und der Verdacht einer Einschüchterung seitens der Rocker nicht ausgeräumt werden kann. Gefährlich deshalb, weil in Zeiten eines gesellschaftlichen Rechtsrucks die Zivilgesellschaft Boden verloren gegeben hat. Nachdem die Kneipe »Bells« in der Bahnhofsvorstadt endgültig die Segel gestrichen hat und auch das Hells Angels Clubheim am Breitenweg vor einigen Jahren geschlossen wurde, scheint eine Mischszene aus Neonazis und Rockern die »Parzelle Eins« in Walle als neuen Standort auserkoren zu haben.

Die Ausgangslage liest sich wenig aufsehenerregend. In einer abgelegenen Gegend von Walle wird eine Gaststätte renoviert, unter kräftiger Mithilfe von Mitgliedern der in Bremen verbotenen Hells Angels. Böse Absichten, so wird allseits beteuert, verfolge niemand hiermit. Und überhaupt seien die Hells Angels bloß ein Motorradclub, der sich an Recht und Gesetz halte und die mittlerweile entstandene Empörung völlig unbegründet. Tatsächlich gehört es für Rockerclubs dazu, sich öffentlich ein harmloses Image zu geben und darüber hinaus möglichst wenig in Erscheinung zu treten. Das gebetsmühlenartig wiederholte Märchen eines harmlosen Motorradclubs hält einer näheren Betrachtung jedoch nicht Stand.

Vorausgegangen waren dem Verbot des Hells Angels Charter »Westside« (also dem Bremer Ableger des Clubs) im Jahr 2013 gewalttätige Auseinandersetzungen mit einer verfeindeten Rockergruppe. Dass hierbei eine Person lebensgefährlich verletzt wurde, passt nur bedingt in das friedfertige Image. Regelmäßig werden bundesweit bei Durchsuchungen von Clubräumen und Privatwohnungen von Mitgliedern der Hells Angels scharfe Waffen gefunden. Nicht verwunderlich für einen Club, der mit dem »Sergeant-at-Arms« in jeder Stadt sogar einen eigenen Beauftragten für »Sicherheit« besitzt.

Wenn Beiratspolitiker betonen, bereits mit Mitgliedern der Hells Angels bei einem Bier zusammengesessen zu haben oder diese als »ganz normale Familienväter« wahrgenommen zu haben, zeigt sich deutlich, wie schwer eine eindeutige Einordnung vorzunehmen ist. Tatsächlich stehen die Hells Angels nicht im Verdacht, den demokratischen Rechtsstaat abschaffen zu wollen und können auch nicht per se als verbrecherische Organisation bezeichnet werden. Die Verstrickung weiter Teile der Mitglieder in organisierte Kriminalität, von Schutzgelderpressung über Geldwäsche und Körperverletzungsdelikten bis hin zu Menschen-, Waffen- und Drogenhandel ist offenkundig und vielfach belegt. Laut Bundeskriminalamt haben ca. 60% der Hells-Angels-Mitglieder Vorstrafen wegen schwerer Straftaten. Aussteiger berichten regelmäßig davon, das Image des Motorradclubs diene teilweise nur noch der Verdeckung krimineller Strukturen – manche Mitglieder besäßen nicht mal ein Motorrad, geschweige denn einen Führerschein hierfür.

Auch die personelle Zusammensetzung der Hells Angels lässt Zweifel an deren Harmlosigkeit aufkommen. In einer, oftmals treffend als »Mischszene« beschriebenen Zusammensetzung sind die Grenzen zwischen Rockerclub, Hooligans, aktiven Neonazis und gewöhnlichen Kriminellen fließend. Nicht wenige Personen ordnen sich mehrerer diese Gruppen zu, was eine klare Einordnung der Hells Angels erschwert, aber einen Vorgeschmack dafür liefert, welches Klientel der Club anzieht. Zu denken gibt auch, wenn sich ein Blumenthaler Beiratspolitiker mit klaren Beziehungen ins rechte Milieu dazu veranlasst sieht sein Beiratsmandat niederzulegen, als seine Verbindungen zu den Hells Angels in der „Parzelle Eins“ öffentlich werden. Ein tatsächlich harmloser Kaffeeklatsch unter Kumpels würde wohl kaum eine ähnliche Reaktion hervorrufen.

Verstrickungen zwischen Rockern und Neonazis verwundern auch nicht, wenn man sich die Ideenwelt beider Gruppierungen vor Augen führt: Das Recht des Stärkeren, Territorialverhalten, welches auch mit Gewalt durchgesetzt wird, Kameradschaft, ein patriarchales Geschlechterbild und Elitendenken gehören zu den Überschneidungen. Egal ob Neonazis oder nicht, solche Ideologien sind nicht unterstützenswert.

Besonders bezeichnend ist die Tatsache, dass sich medial zwar in Regelmäßigkeit über »nicht-deutsche« Drogendealer im Viertel oder am Bahnhof echauffiert wird, organisierte Kriminalität jedoch ihre abschreckende Wirkung zu verlieren scheint, wenn diese von Deutschen organisiert wird. Eine politische Duldung einer Gruppe, die die Grenzen des Rechtsstaates systematisch missachtet, strukturell in die organisierte Kriminalität verstrickt ist und von der ein erhebliches Gefahrenpotential ausgeht, darf es nicht geben. Sämtlichen Ambitionen, sich in Walle oder anderswo festzusetzen ist eine klare Absage zu erteilen.

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