»Bella Ciao« – Mit Bologna in Bremen und bei »Europe: Turn Left«

Es war eine unvergessliche Woche. #BremenBolognaLove

Ein Bericht von Hilke Lüschen.

Vor zwei Wochen hatten wir die große Freude, sechs Mitglieder der Giovanni Democratici, der Jugendorganisation der italienischen Partito Democratico aus Bologna in Bremen zu begrüßen. Nachdem unsere italienischen Genoss*innen fachgemäß im Schulz-Bulli vom Flughafen abgeholt wurden, lag vor ihnen eine Woche voller interessanter Erfahrungen.

Das erste Abenteuer begann schon am Montag morgen. Auf dem Bremer Marktplatz stellte sich dem Teilnehmer*innen ein netter älterer Herr entgegen, der ihnen sehr gerne etwas über die Rathausfassade erzählen wollte. Leider scheiterte die Verständigung an der Sprachbarriere. Offenbar scheiterte auch die Verständigung über die Sprachbarriere an der Sprachbarriere, sodass ich mich gezwungen sah, heldenhaft zur Rettung zu schreiten. Als Dank erhielt nun ich den spannenden Vortrag darüber, warum am Rathaus ein Huhn abgebildet ist. Immerhin.

Die Themen, mit denen wir uns hauptsächlich beschäftigen wollten, waren Austerität und populistische Parteien. Am Montag Abend waren wir uns nach einem Vortrag zum Thema Austerität von David und Falk einig, dass europäische Finanzpolitik nicht von der Idee einer Schwarzen Null geprägt sein darf. Globale Zusammenhänge können nicht außer Acht gelassen werden, um einfache Schuldzuweisungen für die wirtschaftliche Lage südeuropäischer Länder zu finden. Der deutsche Exportüberschuss ist Ausdruck eines neoliberalen Wirtschaftsverständnisses und zwingt Länder, mit denen Deutschland Handel treibt, dazu, Schulden aufzunehmen.

Um auf populistische Parteien einzugehen, haben wir am Mittwoch zusammen mit Sebastian den Anfang gemacht, indem wir europäische Populist*innen identifiziert haben und uns gegenseitig über die entsprechenden Parteien in Deutschland und Italien aufgeklärt. Dabei haben wir viel über die offen rechte Partei „Lega Nord“ gelernt, die sich in den 90er Jahren gründete um den Norden Italiens vom Süden zu trennen, inzwischen aber nur noch gegen Ausländer*innen ist. Interessant und ernüchternd war auch der Versuch, den Erfolg des Movimento Cinque Stelle, der Fünf-Sterne-Bewegung zu erklären, die sich zwar dem Rechtspopulismus nicht eindeutig zuordnen lässt, aber dennoch keinesfalls als harmlos gelten kann.

Da Wissen allein wenig nützt, schritten wir am Donnerstag zur Tat und bildeten unsere italienischen Freund*innen zu Stammtischkämpfer*innen aus. Nach einigem schwierigen Erklären darüber, was ein Stammtisch ist und warum man an ihm kämpfen muss, lernten wir, unsere Spucke nicht an Menschen zu vergeuden, deren Meinung man eh nicht mehr ändern wird, aber dafür umso härter zu versuchen, die Unentschlossenen vom rechten Weg abzubringen. Das Gelernte wurde anschließend in einer Übung umgesetzt: Jeweils zwei finden sich zusammen, eine*r erhält eine populistische Parole, die*der andere muss zwei Minuten lang versuchen, dagegen zu diskutieren, dann wird gewechselt. Nach einigen wunderbar hitzigen Diskussionen stellten die Teilnehmer*innen dann fest, wie viel einfacher es ist, einfach platte Parolen rauszuhauen, als logische Argumente dagegen vorzubringen, obwohl es doch viele davon gibt.

Natürlich kam auch die Aufarbeitung der deutschen Geschichte nicht zu kurz. Am Denkort Bunker Valentin waren wir beeindruckt von Meterdicken Betonwänden und den Schicksalen derjenigen, die sie bauen mussten. Das anschließende Gespräch handelte auch davon, wie der Faschismus in Italien aufgearbeitet wird, was anscheinend eher langsam passierte, mit dem Verweis darauf, dass in Deutschland viel schlimmere Dinge passiert seien. Das mag stimmen, aber ein Übel ist nicht dadurch ungeschehen, dass es woanders noch schlimmer ist. Jede junge Generation muss sich an die Zeiten des Faschismus erinnern und klar und deutlich sagen: Nie wieder! Vorbildlich fanden wir die enge Zusammenarbeit der Partito Democratico mit der Associazione Nazionale Partigiani d’Italia (ANPI), ein Verbund aus Partisanen und ihren Unterstützer*innen.

Zum fulminanten Abschluss unserer Delegationsreise fuhren wir über das Wochenende nach Duisburg, wo das Event Europe: Turn Left! stattfand. Wir waren wohl die einzigen dort, die schon Freitag Abend übermüdet waren. Das hinderte uns allerdings nicht daran, die vielfältigen Angebote wahrzunehmen. Nicht nur Martin Schulz, sondern besonders Hannelore Kraft, die Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen überzeugte mit ihrer Rede und ihren Englisch- und Französischkenntnissen. Natürlich haben wir uns das ganze Wochen nüchtern mit ernsthafter Politik beschäftigt. Auf gar keinen Fall hat irgendwer in sehr unvorteilhaften Kostümen an einem Sumo-Ringen-Wettbewerb teilgenommen. Auch das Konzert der Donots am Samstagabend genossen wir ganz im deutschen Stil mit arhytmischen Klatschen und Schunkeln.

So schnell werden wir wohl keinen Augenblick dieser großartigen Delegation aus Bologna vergessen. Weder die Lobesgesänge auf Rodolfo, einem Mitglied der Delegation, nach deren Übersetzung wir besser nicht gefragt hätten, noch die entzückten Gesichter, nachdem unser Europaabgeordneter Joachim Schuster in einer Bar Marx zitierte. Ein besonderer Höhepunkt war, als unsere singwütigen Italiener*innen 10 Minuten vor Mitternacht die gesamte Tanzfläche in Duisburg dazu gebracht hat, „Bella Ciao“ zu grölen. Hoffentlich bleibt diese Freundschaft noch lange bestehen!

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