Immer diese jungen Leute – Arbeitsprogramm 2019

Beschlossen auf der Jahreshauptversammlung 2019 der Jusos Bremen-Stadt.

Beschlusstext

Immer diese jungen Leute

Nicht erst seit der NoGroko-Kampagne wollen vor allem junge Menschen innerhalb und außerhalb der SPD sich mit den Themen Klimawandel, Wohnungsnot oder der Frage, wie wir in Zukunft arbeiten wollen, auseinandersetzen und für ihre Vorstellungen von einer gerechteren Gesellschaft kämpfen. Gerade im Wahljahr 2019 werden dies auch die Anliegen der Jusos in Bremen sein! Denn auch wenn die Lage im Bund desolat erscheint, sieht die Welt in Bremen ganz anders aus.

Am 26. Mai finden zwei Wahlen statt, die man wohl als Schlüsselwahlen bezeichnen kann, denn zum einen geht es in Europa darum, die europäische Idee zu verteidigen und unsere Vorstellungen einer sozialen und demokratischen Europäischen Union umzusetzen. Mit Delara und Timo haben wir dieses Jahr die Chance, dass zwei Juso-Kandidat*innen in das Europaparlament einziehen und sich dort für unsere Anliegen einsetzen werden.

Doch auch über die Zukunft von Bremen wird am 26. Mai entschieden! Es geht darum, auch nach über 70 Jahren SPD in Regierungsverantwortung den Senat vor reaktionären Kräften zu bewahren, denn nur so wird in Bremen weiterhin solidarische und linke Politik möglich sein, bei der niemand zurückgelassen wird. Damit das auch wirklich passiert und dabei auch die Interessen junger Menschen nicht vergessen werden, müssen wir Jusos in Bremen die Wahl nutzen und uns gemeinsam dafür einsetzen, dass junge, linke Genossinnen die Möglichkeit bekommen, diese Interessen in der Bürgerschaft zu vertreten. Mit Hilke und Sebastian aus unserem UB als auch Jannick aus dem UB-Nord haben wir die Chance, dies zu erreichen. Doch ist das kein Selbstläufer und bedarf einiger Anstrengung. Deswegen wird sich die Arbeit des neuen Vorstandes zu Beginn des Jahres schwerpunktmäßig mit der Unterstützung unserer Kandidierenden befassen und so dafür sorgen, dass wir mit ihnen zusammen die nächsten vier Jahre unsere Ideen für Bremen noch besser umsetzen können. Doch ist das Jahr am 26. Mai nicht vorbei! Deswegen möchten wir mit folgendem Arbeitsprogramm in das kommende Jahr gehen.

Nachhaltigkeit

Wir erkennen an, dass der Kampf gegen den Klimawandel und für die Einhaltung der planetarischen Belastungsgrenzen eine der, wenn nicht sogar die zentrale Herausforderung unserer Generation darstellt. Gleichzeitig ist für uns klar, dass die ökologische Transformation auch sozialen Zielen gerecht werden muss. Ökologie darf nicht gegen Gerechtigkeit ausgespielt werden, denn beide Ziele gehören zusammen in unserem Kampf für eine bessere Welt. Wie die anstehenden Veränderungen, wie in Bremen vor allem der Ausstieg aus der Kohleenergie, sozialverträglich gestaltet werden können, wollen wir in diesem Jahr zum Thema machen. Auch die Weiterentwicklung der Mobilität weg vom motorisierten Individualverkehr mit Verbrennungsmotoren hin zu Fahrrad, Öffentlichem Personennahverkehr (ÖPNV) und Sharing-Angeboten soll z. B. im Rahmen einer MV oder einer Diskussionsveranstaltung thematisiert werden. Um das theoretische Thema Nachhaltigkeit greifbar zu machen, soll eine Exkursion zum Thema Umweltschutz organisiert werden. Darüber hinaus ist eine Beteiligung der Jusos Bremen-Stadt an der jährlichen Aktion »Bremen räumt auf« geplant, die in den Kontext von Plastikmüll und der Wegwerfgesellschaft allgemein eingebettet werden soll. 

Sozialismus, Wirtschaft, Digitalisierung

Die Idee eines demokratischen Sozialismus und die damit verbundene Kritik an dem kapitalistischen Gesellschaftsmodell bildet eine der Säulen unserer Arbeit. Auch im kommenden Jahr wollen wir uns wieder kritisch mit unserem gegenwärtigen Wirtschaftssystem beschäftigen und uns mit Alternativen auseinandersetzen. 

Die heutige neoliberale Ordnung kennt nur Sparen, Privatisierung und Steuerungleichheit – mit teils drastischen Folgen für den sozialen Zusammenhalt. Wir fragen uns dabei, wie dieses gegenwärtige Wirtschaftssystem ganz konkret auf den*die Einzelne*n in der Gesellschaft wirkt und nötige Weiterentwicklungen verhindert.  

Ein Befund ist auf jeden Fall die wachsende Schere zwischen Arm und Reich. In kaum einer anderen Stadt in Deutschland wird dies deutlicher als in Bremen. Aus diesem Grund wollen wir uns unter anderem mit Alternativen zum jetzigen Sozialhilfesystem befassen und schauen, wie man diese wachsende Ungleichheit in Deutschland lösen kann. Ein besonderes Anliegen ist es hierbei, die Situation von Kindern und Jugendlichen in Bedarfsgemeinschaften zu verbessern. Hierzu möchten wir uns verstärkt mit der Jugendorganisation der AWO und den Gewerkschaften austauschen. Gemeinsam werden wir Probleme offenlegen und Lösungen finden, um so ein Zeichen für einen neuen sozialen Aufbruch zu setzen.

Für uns als Bremer wird dabei bezahlbarer Wohnraum ein zentrales Thema sein. Denn inzwischen steigen auch in Bremen die Wohnpreise erheblich an. Doch bezahlbaren Wohnraum schafft man nur, indem man mehr Wohnungen, v. a. für sozial Bedürftige baut. Zu diesem Zweck planen wir verschiedenste Neubauprojekte zu besuchen und zu unterstützen. Ebenso werden wir uns mit verschiedenen Möglichkeiten zur Schaffung von Wohnraum auseinandersetzen.

Ein weiteres Thema im kommenden Jahr wird die Zukunft der Arbeit sein. Durch die Digitalisierung drohen viele Jobs zu verschwinden. Gleichzeitig werden viele neue Jobs entstehen, die wir uns aktuell noch gar nicht vorstellen können. Die Aufgabe der Sozialdemokratie muss es hierbei sein, Konzepte zu erarbeiten, durch die alle von der Digitalisierung profitieren können.

Internationales, Antifaschismus und Gesellschaft 

Als Jusos verstehen wir uns als sozialistischer, feministischer und internationalistischer Richtungsverband. Dabei ist es von immenser Wichtigkeit, permanent im Sinne dieser Grundsätze aktiv zu sein.

Mit einem immer weiter zunehmenden Rechtsruck in unserer Gesellschaft sollte der Kampf gegen den Faschismus und der Schutz der Rechte und Freiheiten von diskriminierten Gruppen noch mehr in das Zentrum unserer Arbeit rücken. Um uns weiter für dieses wichtige Thema zu sensibilisieren, möchten wir Veranstaltungen mit  Gruppierungen, die von jedweder Form des Fremdenhasses oder Faschismus betroffen sind, organisieren.

Von selber Relevanz versteht sich natürlich auch das allgemeine Demokratieverständnis und das Bild eines Europas für alle zu stärken – #europaistdieantwort! So zielen wir darauf hin, auch mit antifaschistischen und internationalistischen Gruppierungen mit Schüler*innen- Bezug zu kooperieren, damit wir auch den gezielten Kontakt zu Erstwähler*innen herstellen und ihnen somit gesellschaftlich demokratische Grundwerte näherbringen können. 

Nur mehr Europa kann jedoch auch nicht die Lösung sein. Deswegen wollen wir auch kritisch das jetzige System der Europäischen Union betrachten und uns mit der Frage beschäftigen, wie Europa im Sinne des demokratischen Sozialismus gestaltet werden soll.

Es geht darum gemeinsam eine Zukunft aufzubauen, in der keine*r vergessen oder ausgegrenzt wird, in der es keinen Platz für Hass und Hetze gibt! Deswegen wollen wir uns im Hinblick auf die kommende Zeit stärker im Umfeld der Geflüchtetengemeinde engagieren und jenen eine Hand reichen, die dieser bedürfen!

Außerdem wollen wir den Lesekreis wiederbeleben und sehen diesen als optimales Mittel, um in den Austausch über interessante und abwechslungsreiche Themen zu kommen.  

Feminismus

Wir sind ein feministischer Richtungsverband und der “Lila Faden” zieht sich durch unsere Arbeit. Frauen* haben es in der gesamten Gesellschaft schwerer in Führungspositionen zu gelangen und stoßen häufig an die vielzitierte gläserne Decke. Daher ist es uns ein besonderes Anliegen, diese strukturelle Benachteiligung von Frauen* durch eine Quotenregelung – nicht nur, aber auch in unserem Verband – auszugleichen. Des Weiteren ist es notwendig, dass wir unser Verhalten und Vorgehen im Verband immer wieder kritisch reflektieren, um eine Atmosphäre zu fördern, in der keine*r durch negatives Verhalten von der Mitarbeit abgeschreckt wird und sich jede*r wohl dabei fühlt, Kritik zu äußern.

Feminismus ist bei unserer Arbeit kein in sich abgeschlossenen Thema, sondern ein Anliegen, das auf alle Themenbereiche Anwendung findet. Zu jeder politischen Auseinandersetzung gehört eine feministische Perspektive! Dabei ist es uns wichtig, dass Feminismus nicht allein “Frauen*sache” ist und auf keinen Fall ihre Kompetenzen binden darf. Vielmehr ist es unser Ziel, das Engagement von Frauen* in allen Themenbereichen zu fördern. 

Bildung und Wissenschaft

Das Thema Bildung ist für uns als Jugendverband von besonderer Bedeutung und nimmt auch weiterhin einen zentralen Platz in unserer Arbeit ein. Ziel bleibt für uns nach wie vor eine Schule für alle und die Abschaffung der restlichen Gymnasien, denn nur so können wir sicherstellen, dass alle Schüler*innen die Förderung erhalten, die sie benötigen und die ihnen zusteht.  Im Zuge der Digitalisierung sollen in Schulen häufig elektronische Bildungsmittel integriert werden. Zugang und Umgang mit ihnen wollen wir thematisieren. Um die konkreten Wünsche und Forderungen der Schüler*innen in Bremen nicht aus den Augen zu verlieren, möchten wir stärker auf diese zugehen und uns z. B. mit der Gesamtschüler*innenvertretung treffen.

Da die Struktur des bremischen Bildungssystems für Außenstehende häufig unübersichtlich scheint, werden wir einen Reader für interessierte Mitglieder erstellen. Ebenso wollen wir uns mit der Frage beschäftigen, wie ein Bildungssystem aussehen muss, das unsere Vorstellungen des demokratischen Sozialismus erfüllt.

Zur Bildung gehört natürlich auch die Ausbildung – ein Thema, das wir prominenter in unserem Verband positionieren möchten. Dafür wollen wir uns damit auseinandersetzen, wie wir die Ausbildung gegenüber dem Studium aufwerten können und notwendige Veränderungen im gegenwärtigen Ausbildungssystem identifizieren. Vergünstigungen und andere Vorteile, die Studierende schon jetzt genießen, wollen wir auch für Azubis erreichen. Dazu zählt für uns z. B. ein Azubiwohnheim und ein kostengünstiges Azubiticket.

Auch in Zukunft werden wir in wissenschaftspolitischen Fragen eng mit den der Juso-HSG an der Hochschule und der linken Bündnisliste AfA an der Uni Bremen zusammenarbeiten. Allgemein wollen wir uns damit auseinandersetzen, wie wir die Hochschulen noch stärker für die Gesellschaft öffnen können. Weiterhin ist die Frage der Finanzierbarkeit des Studiums nicht ansatzweise gelöst. Mit der Abschaffung des Verwaltungsbeitrags ist allerdings ein wichtiger Schritt in Richtung eines völlig kostenfreien Studiums gemacht. Diesen Weg wollen wir weitergehen, denn für uns ist klar, dass ein Studium nicht am Finanziellen scheitern darf! Das bedeutet auch, dass wir das Anliegen des elternunabhängigen BAföG vorantreiben werden.  

Zudem werden wir uns weiterhin für eine strikt zivile Forschung einsetzen, die zudem Kooperationen mit der Bundeswehr wie an der Hochschule ausschließt.

Gesundheit und Pflege

Früher oder später sind wir alle auf eine gute Gesundheitsversorgung angewiesen, weswegen wir uns auch als Jugendverband intensiv mit diesem Themenbereich auseinandersetzen wollen. Wir möchten uns deswegen mit der Pflege- und Gesundheitsbranche beschäftigen und Ideen entwickeln, wie die Situation der Patient*innen und Pfleger*innen verbessert werden kann. Zudem wollen wir uns auch allgemein mit dem Aufbau unseres Gesundheitssystems und möglichen Alternativen beschäftigen.

Auch der Bereich der Care-Arbeit wollen wir dabei nicht außer Acht lassen. Noch immer wird ein großer Teil der häuslichen Pflege durch Frauen* geleistet. Aus diesem Grund ist es uns auch wichtig, uns mit der Lebenswelt dieser Menschen zu befassen und zu schauen, wie man diese verbessern kann.

Partei, Organisation und Vernetzung

Das letzte Jahr hat gezeigt, dass junge Menschen den Anspruch haben, den politischen Diskurs mitzugestalten und nicht, wie oft behauptet, eine Generation der politisch Desinteressierten sind. Die SPD wird für diese Menschen dann zu einer Alternative, wenn sie die vielbeschworene Erneuerung endlich ernstnimmt und zu einem Gegengewicht zum bestehenden neoliberalen Kurs der letzten Jahrzehnte wird. Dies wird aber nur gelingen, wenn wir es schaffen, eine starke Stimme innerhalb der SPD zu bilden und unsere Forderungen so durchzusetzen. 

Hierfür möchten wir auch unsere Strukturen überdenken und identifizieren, wo wir uns verbessern können, um attraktiver für junge Menschen zu werden. Wir wollen neue Möglichkeiten finden, unsere Mitgliederversammlungen (MVs) abwechslungsreicher und ansprechender zu gestalten, hierbei wollen wir uns auch über alternative Konzepte Gedanken machen. MVs sollten insgesamt einen stärkeren roten Faden erhalten und das Ziel verfolgen, Auftakt für weitere Projekte (öffentlichen Veranstaltungen, Anträge, etc.) zu sein. Dafür möchten wir weniger auf starre Tagesordnungen zurückgreifen und den Mitgliedern so mehr Chancen für Teilhabe ermöglichen. Thematischer Input sollte deswegen weniger als Vortrag, sondern als offene Diskussionsrunde mit kurzem Input (ca. fünf Minuten) gestaltet werden. Zudem möchten wir darauf achten, vor allem bei MVs pünktlich zu beginnen. Darüber hinaus sollten am Ende konkrete Arbeitsaufgaben vergeben werden, sodass das Wissen und die Fähigkeiten unserer Mitglieder für konkrete Projekte besser genutzt wird und Zuständigkeiten transparent geklärt werden.

Wir wollen uns im Allgemeinen darum bemühen, dass unsere Arbeit transparenter gestaltet wird. Hierfür sollen für die verschiedenen Themen und Projekte, mit denen wir uns beschäftigen, klare Ansprechpartner*innen benannt werden, sodass Mitglieder wissen, an wen sie sich wenden müssen, falls sie an Projekten bzw. Themen mitarbeiten möchten oder eigene Ideen haben, die sie gerne umsetzen wollen. Ebenso wollen wir unsere Ergebnisse absichern und allen Mitgliedern transparent zugänglich machen. 

Ein Schwerpunkt der Arbeit im neuen Jahr soll eine Neumitgliederkampagne sind. Diese soll parallel zum Wahlkampf erfolgen und sowohl Neumitglieder anwerben, als auch inaktive Mitglieder ansprechen. Um diesen den Einstieg in unseren Verband zu erleichtern, wollen wir einen Leitfaden erstellen, welcher unsere Strukturen und Beteiligungsmöglichkeiten darstellt, sowie die jeweiligen Ansprechpartner benennt. Insgesamt sollte unsere Außenwirkung verbessert werden, sodass auch Nicht-Mitglieder sehen, mit welchen Themen wir uns beschäftigen und an welchen Projekten wir gerade arbeiten. Termine für Aktionen und Veranstaltungen wollen wir allen Mitgliedern übersichtlich und transparent zugänglich machen.

Das Frauen*vernetzungstreffen wollen wir stärken und auch insgesamt die strukturellen Ursachen für den Überschuss männlicher Mitglieder reflektieren. Ebenso wollen wir auch außerhalb des Stadtkerns präsenter sein, dafür z. B. Veranstaltungen in den Freizis den verschiedenen Stadtteilen planen und auch unsere Veranstaltungen attraktiver für Nicht-Studierende gestalten.

Die Vernetzung mit anderen linken und progressiven Jugendorganisationen möchten wir weiter ausbauen, ein Fokus liegt hierbei auf Treffen mit den Jugend-Auszubildendenvertretungen, die man – wenn möglich – mit Werksführungen verknüpfen sollte.

Da wir als Jusos eine Jugendorganisation sind, bei welcher jede*r willkommen ist und das Recht darauf hat, sich einzubringen und aktiv zu werden/sein, sollten wir uns auch um das Empowerment von Menschen aus weniger stark vertretenen gesellschaftlichen Gruppen bemühen und beispielsweise das Problem der Unterrepräsentanz von Auszubildenden angehen. 

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