Klimaschutz und was mal gesagt werden musste …

Die USA treten aus dem Pariser Abkommen zur globalen Reduktion von CO2-Emissionen aus. Kurz darauf formiert sich unterhalb staatlicher Ebenen die Bewegung »Fridays for Future«, die nach Jahren schwacher Kompromisse nun endlich entschiedenes Handeln für Umweltschutz und Nachhaltigkeit einfordert. Ohne Frage, es gibt sowohl gute als auch schlechte Nachrichten in diesem Bereich: Äthiopien pflanzt 350 Millionen Bäume, die Tigerpopulation in Indien steigt und Deutschland hat mit 2038 endlich ein Ausstiegsziel für Kohleenergie, wenn auch nicht besonders ambitioniert. Andererseits wird in Brasilien unter Bolsonaro so viel Regenwald wie noch nie vernichtet und der weltweite Flugverkehr nimmt immer weiter zu. Klar ist: Es muss etwas geschehen und das schneller und radikaler als bisher überhaupt diskutiert worden ist. Wieso viele Debatten unserer Meinung nach der Dringlichkeit der drohenden Klimakatastrophe nicht angemessen sind oder am Kern der Sache vorbei gehen, wollen wir in vier Thesen darstellen. Diese umfassen auch alternative Lösungswege, die wir zur Diskussion stellen wollen.

Um euch einen ersten Überblick zu geben, möchten wir unsere Standpunkte zunächst einmal kurz und knapp darstellen und danach ausführlicher ausführen.

These 1: Klimawandel ist kein Betriebsunfall

Konsequenter Klimaschutz und nachhaltige Politik schließt für uns immer die Überwindung des kapitalistischen Systems mit ein. Solange wir im Kapitalismus leben, bewegt sich Klima- und Umweltschutz immer nur in den Grenzen eines Systems, das auf der Ausbeutung von Menschen und Umwelt beruht und nur auf dieser Grundlage funktioniert. Eine nachhaltige Politik muss deswegen zwangsläufig ein demokratisches sozialistisches System zum Ziel haben.

These 2: Wir brauchen mehr als Birkenstock und Jutebeutel

In Anbetracht der Untätigkeit führender Politiker*innen haben viele Menschen begonnen ihre eigene Lebensweise zu überdenken. Dies scheint auf den ersten Blick eine gute Entwicklung, Klima retten als Graswurzelbewegung, in der alle ihr Bestes geben. Wer dieser Vorstellung anhängt, ignoriert jedoch, dass wir keinesfalls frei in unseren Entscheidungen sind. Der Kapitalismus regelt fast alle Bereiche des Zusammenlebens,weshalb wir uns diesem auch nicht einfach durch den Kauf von Bio-Gemüse entziehen können. Konsumkritik kann deswegen nur an der Oberfläche kratzen und keine Lösung für unsere Probleme sein. Statt individueller Verhaltensänderungen brauchen wir kollektive Lösungsansätze!

These 3: Die CO2-Steuer wird weder die Erde noch die SPD retten

Der gegenwärtig eingeschränkte Fokus auf CO2-Steuer offenbart, dass die SPD im Bereich Klima- und Umweltschutz immer noch nicht sprechfähig ist. Was eigentlich nur ein Teil eines größeren Maßnahmenkatalogs sein kann, wird uns als Lösung des Problems verkauft und selbst hier blockiert die Union jegliches Vorankommen. Wer bloß CO2-Emmissionen verteuert, verlässt sich darauf, dass der Markt den Rest regelt. Doch hat dieses Denken die heutigen Probleme erst hervorgebracht und andere Nachhaltigkeitsfelder werden durch die CO2-Steuer überhaupt nicht berührt. Die CO2-Steuer kann deswegen nur der erste Schritt sein.

These 4: Soziale Frage und Klimaschutz gehören zusammen!

Nachhaltigkeitspolitik muss auch immer Sozialpolitik sein. Anstatt durch das Fordern von Verboten Existenzängste in der Bevölkerung zu schaffen, ist es wichtig, eine Vision zu entwickeln, wie wir in Zukunft ein gutes Leben für alle sicherstellen wollen. Eine Nachhaltigkeitspolitik, die nur auf Verbote und Steuererhöhungen setzt, wird einkommensschwache Haushalte treffen und zu mehr Skepsis gegenüber Nachhaltigkeit führen. Aufgabe der SPD ist es, der Bevölkerung eine Vision von einem »guten Lebens für alle« aufzuzeigen und dabei auch Antworten für unterschiedliche Lebenssituationen zu geben.

Falls Euch unsere Positionen noch näher interessieren, haben wir diese vier Thesen natürlich auch noch einmal in etwas längerer Form für Euch.

These 1: Klimawandel ist kein Betriebsunfall

In seiner seit 100.000 Jahren fortlaufenden Geschichte hat der Mensch immer in die Natur eingegriffen und diese nach seinen Bedürfnissen verändert. Seit etwa 200 Jahren allerdings sind die Umweltveränderungen so groß geworden, dass hierfür sogar eine neue Erdepoche eingeführt wurde: Das Anthropozän, oder Zeitalter des Menschen. In knapp 200 Jahren ist es gelungen, den Kohlenstoffkreislauf des Planeten durcheinander zu bringen, ein beispielloses Artensterben hervorzurufen, die Ozeane versauern zu lassen, die Temperatur des Planeten durch die Decke steigen zu lassen, Bodenflächen unbrauchbar zu machen, große Teile der Wälder abzuholzen und alle Bereiche des Planeten zu verschmutzen. Der Zusammenhang ist klar: Seit etwa 200 Jahren leben wir in einem Wirtschaftssystem, das auf Wachstum und Ausbeutung beruht. Ausbeutung nicht nur von menschlicher Arbeitskraft, sondern auch von natürlichen Ressourcen. Und obwohl die Warnungen nicht neu sind, dass ein »weiter so« unabsehbare Folgen haben wird, scheint sich nichts zu ändern.

Wenn Unternehmen im Kapitalismus nicht untergehen wollen, müssen sie Gewinne ständig neu investieren, neue Märkte erobern und mehr Kapital anhäufen. Nachhaltigkeit bewegt sich deswegen zwangsläufig in einem Widerspruch: Umweltzerstörung und permanentes Wachstum auf Kosten der Umwelt müssen dringend gestoppt werden, sind aber eben keine »Ausrutscher« oder »Marktversagen« sondern ganz einfach das logische Ergebnis eines kapitalistischen Wirtschaftssystems. Übrigens: Im Systemwettbewerb des vergangenen Jahrhunderts konnten sich von diesem Widerspruch auch die Staaten des »real existierenden Sozialismus« nicht frei machen, die bei Umweltzerstörung und CO2-Emissionen ähnlich desaströs waren. Die Überwindung des Kapitalismus ist also noch lange nicht ausreichend, um eine langfristige nachhaltige Politik zu betreiben. Es bleibt aber die Erkenntnis, dass eine neue wirtschaftliche Maxime, die Nachhaltigkeit und die Bewahrung von natürlicher Umwelt als Ausgangspunkt nimmt, keine kapitalistische Wirtschaft mehr sein kann.

Unserer Meinung nach ist der Wunsch nach einer nachhaltigeren Produktion sehr viel weiter verbreitet als gemeinhin angenommen und auch Vorschläge zur Umsetzung gibt es bereits viele. In Verbindung mit der Fähigkeit, unsere Arbeit innerhalb eines Unternehmens immer selbständiger zu organisieren, bieten sich hier nahezu ideale Voraussetzungen für einen Wandel. Unterbunden wird dies durch profitgeleitete Privatinteressen, die bestimmen, was wie produziert wird und unsere Fähigkeit zur Selbstorganisation wirtschaftlichen Zwängen unterwirft. Eine Demokratisierung der Wirtschaft, die es Menschen erlaubt ihre Wünsche nach einer nachhaltigen Produktion umzusetzen, ist deswegen zwingend nötig. Genossenschaftliche Organisationsformen und andere Alternativen können bereits im Bestehenden einen Ausblick auf das Kommende geben und als Testgelände dienen.

These 2: Wir brauchen mehr als Birkenstock und Jutebeutel

Das, was wir »Kapitalismus« nennen, ist nicht nur eine Wirtschaftsform, sondern bestimmt das gesamte gesellschaftliche Zusammenleben. Ob im Job, im Sport, in Geschlechterverhältnissen – alle Bereiche des modernen Lebens sind der Maxime von Konkurrenz, Wettbewerb und der Anhäufung von Mehrwert unterworfen. »Kapitalismus« ist also kein abstraktes Etwas, auf das man vorwurfsvoll mit dem Finger zeigen kann. Vielmehr ist »Kapitalismus« die Art, wie wir miteinander umgehen. In einer kapitalistisch verfassten Marktwirtschaft schließen sich Menschen zu Unternehmen zusammen, die den einen gehören und die den anderen Lohn für ihre Arbeitskraft zahlen. Gute Lebensbedingungen oder eine intakte Natur kommen in diesem Zielsystem nicht vor, denn Profitstreben und das Drängen nach mehr wird beidem vorgezogen: Wenn irgendwo noch niedrigere Löhne gezahlt werden können, werden ganze Fabriken verlagert. Und wenn kein Geld für Umweltschutzmaßnahmen wie Recycling oder Filteranlagen eingesetzt werden muss, ist das finanziell ein Wettbewerbsvorteil.

Der schiere Umfang, den kapitalistische Ideen mittlerweile angenommen haben, erschwert in diesem Zusammenhang entschlossenes Handeln für Umweltschutz, das in Konflikt mit der vorherrschenden Ideologie steht. Der seit Jahrzehnten andauernde neoliberale Zeitgeist hat sich auch in den Bemühungen des Umwelt- und Klimaschutzes niedergeschlagen. Statt kollektiver Lösungen werden individuelle Lösungen propagiert; statt Lösungen für strukturelle Probleme zu suchen, wird ein umweltbewusster Lifestyle gepredigt. Saisonal, biologisch und regional einzukaufen ist sicherlich keine schlechte Idee, im Gegenteil. Wir begrüßen, dass so ein Bewusstsein dafür geschaffen wird, welche Auswirkungen unser Lebensstil auf unsere Umwelt hat. Aber auf dem Spielfeld des Kapitalismus werden hierdurch die Regeln nicht geändert. Vielleicht ist auf dem kapitalistischen Fußballfeld dadurch der Ball ein bisschen weicher, aber das ändert nichts daran, dass die eine Mannschaft nur halb so viele Spieler*innen hat und fünf Tore verteidigen muss. Wer Nachhaltigkeit will, muss das Spiel ändern, denn einen Wohlfühlkapitalismus für alle gibt es nicht.

Darüber hinaus können sich viele Menschen eine nachhaltigere und klimapolitisch einwandfreie Lebensweise oft nicht leisten, da sie auf das Auto auf dem Weg zur Arbeit angewiesen und Biolebensmittel zu teuer ist. Wer sagt, Lebensmittel oder Autofahren muss teurer werden, ignoriert damit die Lebensrealität vieler Menschen. Um gleiche Bedingungen weltweit zu garantieren und Wettbewerbsvorteile in Sachen Nachhaltigkeit in einzelnen Ländern zu vermeiden, braucht es internationale Regelungen, die für alle gelten und bei denen auch die Donald Trumps dieser Welt nicht einfach aussteigen können.

These 3: Die CO2-Steuer wird weder die Erde noch die SPD retten

Obwohl man schon seit 2013 das Umweltministerium im Bund führt, wird der Themenkomplex Klimaschutz und Nachhaltigkeit nicht mit der SPD assoziiert. Öffentlich diskutiert wird nun die Einführung einer CO2-Abgabe, um das eigene umweltpolitische Profil zu schärfen. Wir lehnen diese zwar nicht ab, sehen die Probleme des Umweltschutzes hierdurch aber genauso wenig gelöst wie die Probleme der Partei und plädieren daher für einen anderen Ansatz.

Aus volkswirtschaftlicher Perspektive sind Zertifikatssysteme, wie eine CO2-Abgabe sie vorsieht, die Ideallösung, um Marktversagen zu begegnen. Ideen wie Ausgleichszölle auf Stahl aus Ländern, in denen die Produktionsbedingungen schlechter als hierzulande sind, versprechen außerdem eine soziale Funktion: Indem ausländischer Stahl verteuert wird, werden bedrohte Arbeitsplätze zum Beispiel im Bremer Stahlwerk gesichert, das weltweit mit am saubersten produziert. Die gleiche Idee verfolgen soziale Ausgleichszahlungen, für die die Erträge der CO2-Abgabe genutzt werden sollen. Zweifellos: Das CO2-Zertifikatssystem auf europäischer Ebene funktioniert nicht wie geplant und muss dringend überarbeitet, verschärft und erweitert werden. Die SPD riskiert hier aber, die gleichen Fehler der Vergangenheit zu wiederholen.

Eine CO2-Abgabe ist nur eine Ausrede für das Versagen der Politik über viele Jahre und der Versuch, das Problem Klimaschutz auszulagern. CO2 teurer zu machen würde die komplette Herausforderung auf den Markt abschieben und die Politik aus der Pflicht entlassen. Auf diese Weise müsste keine harte Entscheidung getroffen werden, wie sich die Wirtschaft oder unser Lebensstil ändern müsste. Durch höhere Preise für Flugreisen oder bestimmte Lebensmittel würden diese Veränderungen einfach erzwungen. Die Politik könnte sich bequem zurücklehnen, denn der Markt würde hier sämtliche Arbeit erledigen. Klimaschutz alleine dem Markt zu überlassen würde aber bedeuten, Feuer mit Feuer zu bekämpfen. Die fortschreitende Klimakatastrophe ist das Ergebnis unregulierten Markthandelns und benötigt deswegen andere Antworten, die dem Primat der Politik entsprechen. Dass diese funktionieren können, haben zum Beispiel die Verbote von FCKWs in der Industrie gezeigt.

Außerdem betrachten wir die Fokussierung alleine auf CO2 als unzureichend. Ja, Emissionen sind leicht messbar und eignen sich daher besonders gut für Ziele („40-Prozent-Reduktion bis 2020“). Ein Blick auf die planetarischen Grenzen zeigt aber, dass der Klimawandel nur eines vieler Probleme ist. Wir leben über unsere Verhältnisse und beuten die natürlichen Ressourcen unseres Ökosystems gnadenlos aus. Umweltschutz darf sich deswegen nicht in der Verringerung von C02-Emmissionen erschöpfen. Ein ganzheitlicher Ansatz muss alle Nachhaltigkeitsfelder miteinschließen. Hierzu zählen ein sparsamer Umgang mit Ressourcen, möglichst nicht-invasive Wirtschaftstätigkeiten, die Artenschutz und Erhalt von Umweltflächen im Blick haben, oder der sofortige Stopp, die Natur als Müllkippe zu missbrauchen. Letztlich werden auch Veränderungen von Lebensstilen unumgänglich sein, um den Ressourcen- und Energieverbrauch oder die Menge von CO2-Emissionen zu reduzieren.

These 4: Klimaschutz kann nur eine solidarische Politik für alle bedeuten

Die Analyse der unterirdischen Wahlergebnisse der SPD der letzten Jahre hat gezeigt, dass ihr nicht mehr geglaubt wird, Dinge wirklich verändern zu wollen. Das Image der SPD ist zu dem eines Reparaturbetriebs ohne eigene Vision geworden. Ob Globalisierung, Finanzkrise oder Sozialabbau – die Erzählung war immer die, dass an den großen Trends nichts zu ändern ist und man innerhalb von Systemzwängen versucht, die Situation zumindest ein bisschen zu verbessern. Die Menschen wollen aber kein Hartz-IV mit sozialem Anstrich, sondern ein gerechtes Sozialsystem. Eine SPD, die nicht die Globalisierung sozial gestalten will, sondern nur die Veränderungen sozial abfedert, wird nicht gebraucht. Eine SPD, die keine eigenen Antworten auf das Ende des Verbrennungsmotors findet, sondern nur versucht, die Autoindustrie politisch zu schützen, wird keine Wahlen gewinnen. Was in der politischen Landschaft fehlt, ist keine weitere Variante eines „Weiter so, aber vielleicht ein bisschen sozialer“. Was fehlt ist eine Vision einer anderen, besseren Zukunft.

Die SPD hat sich in ihren erfolgreichsten Jahren immer als Partei des »sowohl als auch« ausgezeichnet. So ist es beispielsweise nach 1968 gelungen, die Interessen konservativer Bevölkerungsgruppen mit denen der jüngeren Generation zusammenzubringen. Die Neue Ostpolitik und selbst die »Innovation und Gerechtigkeit«-Kampagne sind Beispiele dafür, wie eine glaubhafte Vision auch auf den ersten Blick Widersprüchliches glaubhaft vereinen kann. In der aktuellen Debatte ist dieses »sowohl als auch« nötiger denn je, wird aber momentan kaum glaubhaft vertreten. Wer den Beschäftigten in der Automobilindustrie nur erzählt, dass Verbrennungsmotoren keine Zukunft haben und ihre Arbeitsplätze unwiederbringlich verloren wären, wird diese Menschen nicht für die anstehenden Veränderungen begeistern können. Wer immer nur davon redet, durch CO2-Steuern Flugreisen, Lebensmittel und Autofahrten teurer machen zu wollen, zwängt die*den Konsument*in in eine Abwehrhaltung, denn niemand mag es, wenn einem plötzlich Dinge weggenommen werden. Dass aber Nachhaltigkeitspolitik zwingend auch Sozialpolitik sein muss, kann der Debatte eine ganz neue Richtung geben. So sind es doch immer die Menschen mit geringem Einkommen, die unter zu wenig Nachhaltigkeit leiden. Denn wer wohnt in den Stadtvierteln, in denen es kaum Grünanlagen, dafür aber breite Verkehrsstraßen mit Lärm und Feinstaub gibt? Wer kann sich Biolebensmittel leisten und wer muss auf Glyphosat-Nahrung zurückgreifen? Wer kann sich auch teurere Flugreisen noch locker leisten und für wen würde mit dem Jahresurlaub in der Sonne das Sehnsuchtsziel eines ganzen Arbeitsjahres wegbrechen?

Nachhaltigkeitspolitik, die wirklich mehrheitsfähig werden soll, muss deswegen nicht Verzicht sondern eine glaubhafte Vision vermitteln. Ja, vieles wird anders werden müssen. Flugreisen, Autofahrten, Konsum – im Prinzip ist das allen klar. Dass mit der Veränderung aber auch positive Dinge einhergehen können, fehlt in der Debatte. Wer in Zukunft den ÖPNV statt einen Privatwagen nutzt, muss sich zuerst umgewöhnen. Dafür gibt es aber auch keinen Stau mehr, keine nervige Suche eines Parkplatzes, keine Kosten für Versicherungen und Reparaturen, auf der Fahrt kann man plötzlich Zeitung lesen oder sich unterhalten – „anders“ muss nicht „schlechter“ bedeuten! Besonders jene Personengruppen, deren Geldbörse nicht so dick ist, haben hier besonders viel zu gewinnen.

Der SPD muss es gelingen eine Nachhaltigkeitsstrategie zu entwickeln, welche sich nicht nur an den Gegebenheiten der Ballungszentren orientiert, sondern auch die Bedürfnisse in ländlichen und/oder strukturschwachen Regionen berücksichtigt. Dies wird vor allem bei der Gestaltung der zukünftigen Verkehrspolitik deutlich. Hier wird der Fokus vor allem auf einem emissionsfreien Individualverkehr – auch im Bereich der Landwirtschaft – liegen.

Das gemeinsame Element, das alle Menschen teilen, die sich für Nachhaltigkeit oder für soziale Gerechtigkeit, also eine sozial-ökologische Transformation, einsetzen, ist das Gute Leben. Ein Leben, das allen Menschen in dieser Gesellschaft ein menschenwürdiges Dasein ermöglicht, das diese Solidarität ebenso mit allen anderen Menschen auf dem Planeten teilt und ihnen dieselben Rechte zugesteht und ein Leben, das auch für die kommenden Generationen noch einen bewohnbaren Planeten hinterlässt. Eine solche politische Strategie würde Nachhaltigkeit ganz selbstverständlich beinhalten, aber eben nicht ausschließlich. Das schafft die Möglichkeit, überhaupt erst eine breite gesellschaftliche Mehrheit für die anstehenden Veränderungen zu finden. Wer Klimapolitik auf dem Rücken bestimmter Bevölkerungsgruppen macht, wird deren Unterstützung verlieren, wodurch am Ende nachhaltige Politik unmöglich wird. Denn nur wenn alle, die Veränderungen in der Politik anmahnen, sich auf eine gemeinsame Erzählung einigen können, werden politische Mehrheiten wirklich greifbar.

Also wie soll’s weiter gehen?

Die momentane Situation ist die, dass die Menschheit mit Anlauf in eine Sackgasse läuft, an deren Ende eine massive Steinwand steht. Momentan laufen wir immer schneller und diskutieren höchstens darüber, ob wir vielleicht ein bisschen langsamer laufen wollen. Am Ende ist aber egal, ob wir dabei Birkenstocks tragen, auf E-Roller oder auf SUVs umsteigen, am Ende wartet ein schmerzhafter Aufprall, von dem sich der Planet, wie wir ihn kennen, nicht mehr erholen wird. Ein erster Schritt wäre, sich klar zu werden, dass der bisherige Weg in eine Katastrophe führen wird. Diese Phase durchleben wir gerade. Aber die Konsequenz hieraus muss dann auch sein, stehen zu bleiben und neue Wege zu suchen. Die Lösung des Nachhaltigkeitsproblems kann nicht auf den gleichen Wegen gefunden werden, die uns in unsere jetzige Situation gebracht haben. Eine nachhaltige Wirtschaftsordnung muss eine sein, die über den Kapitalismus hinausweist.

Wir sind nicht so naiv zu denken, dass die Überwindung des Kapitalismus schon übermorgen möglich ist. Um das 1,5°C-Ziel einzuhalten, müssen wir jetzt anfangen zu handeln und dabei gleichzeitig über die Grenzen unseres jetzigen Wirtschaftssystems hinaus denken. Liberale und konservative Politiker*innen reden – wenn sie den Klimawandel nicht gleich ganz leugnen – häufig von neuen Technologien, die uns alle retten werden. Solches Gerede von Wundertechnologien ist jedoch nur der Wunsch bürgerlicher Politiker, notwendige Änderungen an einem Wirtschaftssystem abzuwenden, das vor allem ihnen und ihrem Klientel nützt. Diesen Vorstellungen wollen wir entgegentreten und eine Politik verfolgen, die Klimaschutz mit Kapitalismuskritik verbindet und gemeinsam vorantreibt.

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