Seid froh, wenn wir euch nur den Namen nehmen!

Dieser Antrag wurde auf der Jahreshauptversammlung der Jusos Bremen-Stadt vom 1. Februar 2020 beschlossen.

Beschlusstext

Der SPD Unterbezirksparteitag möge beschließen:
Der SPD Landesparteitag möge beschließen:

Wir fordern, dass das deutsche Namensrecht geändert wird. Zukünftig muss es untersagt sein, als Namensbestandteile geführte „Adels“-titulierungen und -prädikate an die nächste Generation weiterzugeben. Die Folge muss sein, dadurch alle „Adels“-titulierungen und -prädikate – ähnlich wie schon in dem österreichischen „Adelsaufhebungsgesetz“ geregelt – endgültig abzuschaffen. Bei mehreren „Adels“-titulierungen wird der Name in einen Doppelnamen geändert.

„Adels“-privilegien bis heute

Wissenschaftliche Studien belegen immer wieder, dass Personen mit „Adels“-namen bei Bewerbungsverfahren bevorzugt werden. In einigen Bereichen wie dem diplomatischen Dienst ist sogar noch klar eine starke Präsenz erkennbar. Selbstverständlich lassen sich die „adeligen“ Netzwerke so nicht beseitigen, aber etwas eindämmen. Anonymisierte Bewerbungsverfahren lassen sie zwar auch etwas abfedern, aber stoßen meist bei exponierten Leitungspositionen an ihre Grenzen. Deshalb braucht es weitere Maßnahmen.

Es ist klar, dass sich die verfestigte soziale Ungleichheit nicht mit dem Namensrecht ändern lässt– dafür braucht es massive Umverteilung und verbesserte Bildungschancen –, aber wir können diese feudalistischen Spuren in unserer Gesellschaft nicht einfach ignorieren. Das hundertjährige Jubiläum bietet die Möglichkeit, endlich diesen überfälligen Schritt nachzuholen!

Karenzzeit von 100 Jahren reicht

Mit der Revolution von 1918/19 nutzten die damaligen Republikgründer*innen eine Chance nicht: Sie hätten nicht nur die Titel der privilegierten sozialen Gruppe des Adels in einen Nachnamenszusatz umwandeln können – sondern hätten gleich die gesamte „Adels“-titulierung streichen können. Diese Entscheidung bildet bis heute die Basis für den namensrechtlichen Umgang mit „Adels“-zusätzen. Leider hat diese Regelung Tor und Tür dafür geöffnet, diese Form des (angenommenen) sozialen und kulturellen Kapitals zur Schau zu stellen und so zum eigenen Vorteil einzusetzen.

Kaum bekannte Rechtslage

Bis heute führen diese Gesetzesgrundlage und die erfolgreiche Lobbyarbeit von „Adels“-verbänden dazu, dass diese Namenszusätze als Titel gebraucht werden. In vielgelesenen Boulevardblättern werden Fürst*in, Graf*Gräfin, Baron*in und Freiherr*Freifrau ganz selbstverständlich als Titel verwendet. In Empfehlungen für Anreden gibt es in der Regel spezifische Hinweise zu „Adels“-anreden. In Namenslisten taucht eine Person „von“ meist nicht unter „V“, sondern unter ihrem „eigentlichen“ Nachnamen auf. Der Namenszusatz wird also kurzerhand wieder zum Titel. Parallel verbietet das deutsche Vornamensrecht, „Adels“-titel als Vornamen zu vergeben. Das „Adels“-privileg ist in der deutschen Gesellschaft folglich nicht vollständig abgeschafft. Das müssen wir ändern!

Zukünftige Generationen ohne „Adels“-zusätze im Namen

Von niemandem müsste der Name plötzlich geändert werden. Schließlich müsste nur sichergestellt sein, dass er nicht an die nächste Generation vererbt wird. Auch die Tradition eines Namens kann problemlos weitergeführt werden, da der „eigentliche“ Nachname erhalten bleibt und nur die Zusätze verschwinden. Die identitätswahrende Wirkung ist somit ebenfalls gegeben. Zuletzt bestätigte der Europäische Gerichtshof die österreichische gesetzliche Regelung explizit.

Wir sollten uns deshalb in bester republikanischer und antimonarchistischer Tradition der Sozialdemokratie diese Möglichkeit zunutze machen. Eine dem Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes folgende Begründung für diese „Adels“-namenszusätze kann es schlicht nicht geben.

Beschluss als PDF

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert