Am 24. Januar haben wir den Denkort Bunker Valentin besucht. Die erst im November eröffnete und nunmehr erstmals frei zugängliche Anlage ist die erste und einzige NS-Gedenkstätte der Freien Hansestadt Bremen. Unsere Eindrücke haben wir in einer Fotodokumentation für Euch zusammengestellt.
Das Mahnmal „Vernichtung durch Arbeit“ markiert den Eingang zum Denkort, von dem aus sich die Jusos auf den Weg zur Bunkerruine machen. Über 10.000 Zwangsarbeiter ließen die Nazis für ihr wahnwitziges Rüstungsprojekt schuften, wenigstens 1.300 bis zum Tod. Rechts am Rand sichtbar: Die belgischen Farben des dortigen Dorfes Meensel-Kiezegem, aus dem die Nazis zahlreiche Bewohner in den Bremer Norden verschleppten.
Die Opfer starben an Unterernährung, brutalen Arbeitsunfällen, miserablen Hygienebedingungen oder durch die Gewalt der Wachen. Die Massivität des Baus mit seinen bis zu sieben Meter dicken Wänden lässt nur erahnen, welche Massen an zentnerschweren Zementsäcken sie bis zum Zusammenbruch schleppen und verarbeiten mussten – ohne jeglichen Schutz vor dem aggressiven Gemisch.
Zahlreiche weitere Zwangsarbeiter starben an anderen Orten an den Folgen der an ihnen begangenen Verbrechen. Eine dieser Formen waren die ‚Todesmärsche‘ durch die triste Umgebung, die dieses Foto einfängt. Bei Heranrücken der Alliierten zwangen die Nazis ihre Opfer zu Fuß und in in erbärmlicher Kleidung ins Landesinnere. Wer körperlich zusammenbrach, wurde sofort erschossen.
Bereits beim Annähern durch die vorstädtischen Wohnstraßen von Bremen-Farge lassen einen die monströsen Dimensionen des gescheiterten Rüstungsprojektes erschaudern. Der Vielen als ‚U-Boot-Bunker‘ bekannte Bau sollte nach Fertigstellung als verbunkerte und damit durch Bomben unzerstörbare U-Boot-Werft dienen. Es war eines jener Projekte, mit denen die Nazis der Bevölkerung den ‚Endsieg‘ im Weltkrieg glauben machen wollten, der nach Stalingrad schon absehbar verlorenen war.
Keineswegs weniger eindrucksvoll erweist sich das Bunkerinnere. Der kalte Beton und das wenige, fahle Licht vermitteln ein Gefühl von Beklemmung, Grusel und Unbehagen. Das Foto ist ohne Schwarz-Weiß-Filter aufgenommen.
Das massive Loch in der Bunkerdecke des als ‚unzerstörbar‘ geplanten Bunkers rissen britische und amerikanische Bomber im März 1945. Vermutlich hatten die Alliierten mit der Bombardierung bewusst gewartet, um Ressourcen Nazi-Deutschlands auf der Baustelle zu binden. Nach der Bombardierung gaben die Nazis ihr Rüstungsprojekt auf. Im Museum des Denkorts ausgestellt ist ein Tagebucheintrag Joseph Goebbels‘, der kurz vor der Bombardierung erleichtert notierte, der weit fortgeschrittenen Baustelle könne inzwischen kein Bombardement mehr etwas anhaben.
In diesem Tauchbecken sollten die fertige U-Boote auf Wasserdichte geprüft werden. Bei Fertigstellung sollte die Werft alle 56 Stunden ein U-Boot zu Wasser lassen – eine realitätsfremde Behauptung, die karriereorientierten Planern wohl vor allem dazu dienen sollte, einen prominenten Platz in der Nazi-Rüstungsplanung zu ergattern.
Durch die direkt hinter dem Bunker liegende Weser hätten die U-Boote Richtung Nordsee fahren sollen. Auch dies eine wahnwitzige Idee: In der ca. 12 m tiefen Unterweser hätten die U-Boote nur in Überwasserfahrt in die noch 60 km entfernte Nordsee fahren können – unter alliierter Luftherrschaft. Hätte je ein U-Boot die Werft verlassen, wäre es ohne Tauch- oder Ausweichmöglichkeit zur Todesfalle für seine Besatzung geworden. Der von der Nazi-Propaganda glorifizierte U-Boot-Krieg kostete bereits so drei Viertel, rund 30.000 (nur der deutschen), Seeleute das Leben. So lässt auch heute ein Spaziergang mit dem Hund im Schatten der Anlage ein Unbehagen zurück.
Nach dem Krieg hingegen wollten Viele die Nazi-Zeit einfach nur vergessen. Kritisches Hinterfragen war ungern gesehen, „Erinnerungskultur“ noch nicht im Wortschatz. Nachdem Pläne des Senats gescheitert waren, den Bunker mit Sand zu überschütten und ein Ausflugslokal auf den Hügel zu setzen, versuchte mancher, mit dem Bunker als Touristenattraktion Geld zu machen.
Auch die Bundeswehr trug dazu bei, dass eine Aufarbeitung zunächst ausblieb. Sie nutzte den Bunker schlicht als Materialdepot im Kalten Krieg. Unter Verteidigungsminister Franz-Josef Strauß war sogar eine Unterbringung möglicher deutscher Atomwaffen politisches Vorhaben. Als 1983 Menschen „NO MORE WAR!“ auf eine Außenwand malten, ließ der Standortkommandant es sofort überstreichen.
Weniger eilig hatte es die Bundeswehr bei der Öffnung für Gedenkaktionen. Selbst Überlebende und Angehörige durften den Bunker nicht betreten, noch bis in die 1990er-Jahre. Aus diesem Grund musste auch das Mahnmal vor dem Bunkergrundstück errichtet werden.
Die Jusos Bremen-Stadt bedanken sich herzlich bei allen, die für die Umwandlung vom Bundeswehr-Materiallager zu einem angemessenen Denkort beigetragen haben, insbesondere der Landeszentrale für politische Bildung und Erinnern für die Zukunft e.V. Wir freuen uns, dass auch wir bei der Erstellung des aktuellen SPD-Regierungsprogramms einen kleinen Beitrag leisten durften. Und wir danken herzlich unserem Guide Ulrich Stuwe vom Bremer Verein der Verfolgten des Nazi-Regimes für die denkwürdige Führung!