Beteiligungsstrukturen für Jugendliche in Bremen ausbauen!

Dieses Antrag wurde auf der Landesmitgliederversammlung 2023.1 der Jusos im Land Bremen am 16. April 2023 beschlossen.

Beschlusstext

Kinder und Jugendliche lernen demokratische Prozesse am besten über Beteiligungsformate kennen. Gleichzeitig steigert das ihr Selbstwirksamkeitsgefühl. Außerdem fördert eine Beteiligung von jungen Menschen ihre Bereitschaft, sich mit politischen Entscheidungen und Parteien auseinanderzusetzen und wählen zu gehen.

Die Möglichkeiten und Angebote der offenen Jugendarbeit in Bremen sind vielfältig. In diesem Antrag geht es hauptsächlich um die Beteiligung von Jugendlichen in den Stadtteilen und der kommunalen Politik über Jugendverbände, insbesondere Jugendbeiräte und -foren.

2022 erschien der erste Jugendbericht Bremens, der die vielfältigen Strukturen der Jugendarbeit in Bremen zu bündeln und analysieren versucht. In diesem Bericht wird die Möglichkeit politischer Partizipation für junge Menschen folgendermaßen bewertet: „Als Ermöglichungsraum bietet Jugendverbandsarbeit daher die Chance sich abseits hierarchischer strukturierter Institutionen, wie der Familie oder Schule, entlang der satzungsgemäßen Grundsätze der jeweiligen Jugendverbände, für die eigenen Belange und Interessen einzusetzen. Nicht umsonst werden sie daher als »Werkstätten der Demo­kratie« bezeichnet. Als Raum der Erprobung von partizipativen und demokratischen Strukturen und Praxen bieten sie jungen Menschen Erfahrungen der Selbstwirksamkeit und Chancen zum Erlernen zivilgesellschaftlicher Kompetenzen. Jugendverbände sind damit ein traditionsreicher Raum der politischen Bildung und Teil der vielfältigen sozialen Infrastruktur und des institutionellen Gefüge des Aufwachsens, die Qualifizierungs- aber auch Selbstpositionierungs- und Verselbstständigungsprozesse ermöglichen.“ (Jugendbericht 2022, S. 97)

Deutlich wird im Jugendbericht aber auch, dass die Angebote über die Stadtteile sehr ungleich verteilt sind, wobei die Anzahl gegensätzlich zur sozio-ökonomischen Struktur der Stadtteile verläuft.

Jugendbeteiligung ist an verschiedenen Stellen in bremischen Gesetzen verankert. Die elementarste Grundlage bietet seit 2021 das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG). Es bietet einen Rahmen zur umfassenden Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in den Stadtteilen und fordert Beiräte und Ortsämter zu Einbeziehung jugendlicher Interessen auf, wobei dies auf einer sogenannten Soll-Bestimmung fußt, was eine gewisse Form der Unverbindlichkeit birgt. Zusätzlich sind inzwischen auch die UN-Kinderrechte in Bremen gesetzlich verankert, welche unter anderem das Recht auf Beteiligung an für Kinder und Jugendliche relevanten Interessen beinhalten.

Trotz dieser und weiterer Maßnahmen, die in den letzten Jahren zur besseren Beteiligung junger Menschen in Bremen getroffen wurden, sind die Strukturen in Bremen bisher für viele undurchsichtig und ungleich verteilt. Derzeit gibt es in Bremen 6 Jugendbeiräte und 5 Jugendforen, die aber weitestgehend autonom arbeiten und wenig echte Beteiligung an kommunalpolitischen Entscheidungsprozessen erfahren. Aus diesem Grund fordern übergreifende Organisationen wie der Bremer Jugendring, aber auch der Senat (in seiner Antwort auf eine kleine Anfrage zum Thema Ende 2022) die strukturellere Förderung von partizipativen Angeboten durch eine bessere finanzielle Ausgestaltung, personelle Ressourcen (in Form von Fachkräften, die die Jugendlichen in ihrer Arbeit hauptamtlich unterstützen, s. Punkt 3) und eine Erweiterung der Rechte in demokratischen Prozessen auf kommunaler und Landesebene. Auch der Jugendbericht 2022 macht in seinen Handlungsempfehlungen deutlich, dass sowohl die Beteiligungsstrukturen als auch die Finanzierung und Mittelvergaben für die Verbandsarbeit überarbeitet werden sollten. (S. 145f.)

Um zu einheitlichen Angeboten Bremen weit zu kommen und die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen gezielter fördern zu können, schlägt der Senat die Erstellung einer Jugendbeteiligungsstrategie vor.

Wir fordern die zügige Erarbeitung einer solchen Strategie in Kooperation mit Akteuren, wie den bisher bestehenden Jugendbeiräten und -foren, dem Bremer Jugendring, dem Stadtjugendring Bremerhaven, dem Jugendparlament Bremerhaven und dem Lidicehaus. Diese soll folgende Punkte beinhalten:

  1. Echte Beteiligung muss gefördert werden. Jugendbeteiligungsformate (wie z.B. Jugendbeiräte oder -foren) sollten in jedem Stadtteil in Bremen aufgebaut werden und Rede- und Antragsrecht in den Ortsbeiräten erhalten. Nur so kann die Repräsentation der Interessen junger Menschen wirklich sichergestellt werden. Damit verbunden müssen Soll-Vorschriften zu Muss-Vorschriften umformuliert werden, um eine ernstgemeinte Beteiligung junger Menschen im Stadtteil zu garantieren.
  2. Wir fordern die Einführung eines Jugendchecks bei allen politischen Vorhaben in Bremen – egal ob auf kommunaler Ebene in den Stadtteilen und in Bremerhaven oder auf Landesebene. Einen solchen Jugendcheck gibt es bereits auf Bundesebene. Durch ihn wird festgestellt, ob und inwieweit Kinder und Jugendliche von Gesetzesvorhaben betroffen sind und wie sie beteiligt werden können. Für die Einführung kann sich also an dem Jugendcheck der Bundesebene orientiert werden, wie andere Bundesländer es auch bereits getan haben.
  3. Es braucht eine bessere finanzielle Ausgestaltung der Jugendbeteiligung in den Stadtteilen und auf Landesebene. Dazu gehört auch die Schaffung neuer Stellen für hauptamtliche pädagogische Mitarbeitende in den Ortsämtern zur Unterstützung und Betreuung der ein. Von jungen Menschen zwischen 14 und 18 Jahren zu verlangen, sich komplett selbstständig zu organisieren ist zu viel verlangt, für Mitarbeitende in den Ortsämtern ist die Betreuung solcher Jugendbeiräte oder -foren aber zu viel Arbeit, um dies zusätzlich nebenbei angemessen leisten zu können. Auch im Jugendbericht wird deutlich, dass die finanzielle Ausstattung von Jugendverbänden aus Sicht der Verbände nicht ausreichend ist (S. 109).
  4. Mitsprache und Beteiligung soll auch auf städtischer Ebene ermöglicht werden. In Bremerhaven passiert dies bereits im Rahmen eines Jugendparlamentes.  Wir fordern die Einrichtung eines Jugendparlaments auch auf stadtbremischer Ebene mit entsprechendem Mitspracherecht (basierend auf dem Jugendcheck und den zukünftigen Rechten von Jugendbeiräten/-foren und anderen Beteiligungsformaten in den Stadtteilen). Die Jugendparlamente sollen aus Delegierten der Schüler:innenvertretungen, sowie der Jugendbeiräte/ -foren bestehen, aber auch die Mitarbeit anderer Jugendlicher ermöglichen.
  5. Engagement in Jugendbeiräten oder -foren sollte genauso anerkannt werden wie SV-Arbeit: Die Freistellung in einzelnen Schulstunden für die Arbeit in Beteiligungsprojekten soll ermöglicht werden.

Es gibt Vorbehalte, dass die bisherigen Beteiligungsmöglichkeiten zu wenig genutzt werden, als dass sich ein Ausbau dieser lohnen würde. Die Etablierung solcher Strukturen braucht Zeit. Mit strukturierteren und besser finanzierten Beteiligungsmöglichkeiten wird sich auch die Beteiligung der Jugendlichen in den Quartieren steigern.

Beschluss als PDF

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