Red Vision – Bremen und Bremerhaven

Wir haben im letzten Jahr damit begonnen, eine jungsozialistische Vision für das Bremen und Bremerhaven der Zukunft zu entwickeln. Dafür haben wir zusammen in Arbeitsgruppen Vorschläge entwickelt und haben nun einen ersten Entwurf fertig. 

Jetzt kommt es wieder auf euch an! Was fehlt noch, womit seid ihr nicht einverstanden, ist das auch eure Vision für unser Bundesland? Wir wollen eure Ideen und Vorschläge hören!

Im Folgenden findet ihr das vorläufige Arbeitspapier (noch nicht abschließend auf Rechtschreibfehler etc. überprüft). Werft also mal einen Blick rein und schreibt uns eure Anmerkungen, Ergänzungen, Bewertungen oder Kritik als Kommentar.


RedVision – Arbeitspapier

Wohnen & Stadtentwicklung

Wohnen für alle

Das Land Bremen nimmt das Recht auf angemessenen Wohnraum ernst. Dafür wurde Wohnraum, sowie Grund und Boden von der privaten in die öffentliche Hand überführt und gebaut. Damit ist der Spekulation ein Riegel vorgeschoben und Wohnraum ist für alle Menschen bezahlbar und ausreichend verfügbar. Der Staat kümmert sich darum, dass jede:r angemessenen und den Bedürfnissen entsprechenden Wohnraum hat und versorgt seine Bürger:innen dementsprechend bedarfsgerecht. Unfreiwillige Wohnungslosigkeit gibt es nicht mehr, da die Wohnungsvermittlung an erster Stelle steht. 

Auch die Art und Weise, wie Wohnraum konzipiert und gebaut wird, hat sich verändert. Statt der standardisierten 3-Zimmer-Küche-Bad-Wohnung oder dem klassischen Einfamilienhaus ist eine vielfältige Wohnlandschaft zum Standard geworden, da Menschen auch in unterschiedlichen Verhältnissen miteinander wohnen und leben. Unter den Dächern Bremens finden verschiedene Gruppen, von der Kernfamilie bis hin zur Mehrgenerationen-Gemeinschaft, ein Zuhause. Mieter:innen werden bei Entscheidungen über ihre Wohnungen beteiligt. Räume, in denen Care-Arbeit und reproduktiv Tätigkeiten verrichtet werden, wurden so gut es geht nach außerhalb verlagert, wo sie gemeinsam organisiert werden können. 

Stadt der kurzen Wege

Die Stadtteile, in denen wir leben, sind durchmischt und voller unterschiedlicher Lebensrealitäten. Weder der Nachname, noch das Aussehen oder der Geldbeutel entscheiden darüber, wer wo wohnen darf. Egal, ob man in der Stadtmitte oder eher am Rand lebt: Jedes Quartier ist besonders und attraktiv für die Menschen, denn eine gut ausgebaute Infrastruktur ist überall Standard. Die Bewohner:innen brauchen in der Regel nicht länger als zehn Minuten, wenn es darum geht, Einrichtungen des alltäglichen Bedarfs aufzusuchen. Schulen, Supermärkte, medizinische Versorgungseinrichtungen und weiteres befinden sich in unmittelbarer Nähe. Aber auch die Quartiere insgesamt sind hervorragend miteinander verbunden, durch den gut ausgebauten ÖPNV sind die Bürger:innen der beiden Städte immer und rund um die Uhr mobil, sodass der Bedarf und die Nutzung vom privaten Automobil zurückgegangen ist. 

Räume für alle

In Bremen und Bremerhaven gibt es attraktive öffentliche Räume für alle, unsere Städte orientieren sich an den Bedürfnissen der Menschen. Sie bieten Möglichkeiten zur freien Entfaltung und laden zum Austausch und Miteinander ein. Räume für alle bedeuten aber auch Sicherheit und Wohlbefinden aller. Durch ein neues Verständnis von Stadtplanung wurden die Lebensrealitäten von allen Menschen mit einbezogen. Angsträume und Gefahrenzonen wurden aus dem Stadtbild verbannt, durch beispielsweise ausreichende Beleuchtungsanlagen und einer Stadtplanung, die den Fokus nicht nur auf den Automobilverkehr legt. Öffentliche Räume sind barrierefrei und für alle gut erreichbar – egal welches Verkehrsmittel sie verwenden. Dafür werden Behindertenvertretungen in die Planung einbezogen. Zur Gestaltung öffentlicher Räume werden die Anwohnenden zur aktiven Mitarbeit eingebunden, vom ersten Spatenstich bis hin zur endgültigen Dekoration. Jedes Viertel soll die widerspiegeln, die dort wohnen! 

Menschen mit Suchterkrankungen und Wohnungslose werden nicht gewaltsam aus dem öffentlichen Raum vertrieben, sondern ihnen werden sichere Rückzugs- und Betreuungsmöglichkeiten geboten. Diese zielen nicht nur auf eine kurzfristige Unterbringung, sondern auf langfristige Unterstützung und Besserung der Lage dieser Personen ausgerichtet. Defensive Architektur wie Bänke, die absichtlich unbequem gestaltet sind, Zäune um den Zugang zu überdachten Freiräumen zu versperren und Ultraschall- und Beschallungsanlagen zur Abschreckung bestimmter Personengruppen gehören explizit nicht zum Stadtbild.

Bremen wird vielfältig und fördert die Teilhabe aller!

Das Land Bremen ist reich an vielfältigen Lebensrealitäten. Bei uns haben alle Platz, unabhängig von Alter, Geschlecht, Einkommen, sexueller Orientierung, kulturellem Hintergrund und Religion. Wir tolerieren keinen Sexismus, Rassismus, Antisemitismus und andere Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit in unseren Städten. Bremen und Bremerhaven sind weltoffene und vielfältige Stadtgesellschaften, die frei von Ausgrenzung und Diskriminierung sind. Bei uns leben alle Menschen friedlich und solidarisch zusammen und bringen sich politisch in die Gestaltung unseres Zusammenlebens ein.

Grundlage hierfür ist eine konsequente Bildungsarbeit gegen alle Formen von gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit. Sie hat alle Bürger:innen im Blick, findet in Kitas, Schulen und am Arbeitsplatz statt und wird in allen öffentlichen Einrichtungen und Vereinen und in den Quartieren gelebt. Sie sorgt von Beginn an dafür, dass Vorurteile gegenüber anderen Lebensrealitäten abgebaut werden, bevor sie zu Diskriminierung und Gewalt führen können. Daraus ist ein Bewusstsein und eine Wertschätzung für Vielfalt und inklusive Stadtgesellschaften erwachsen, was die Menschen in unserem Land ermutigt, im Alltag solidarisch füreinander einzustehen. Daneben gibt es sensibilisierte Ansprechpersonen in öffentlichen Räumen, die schnell und unkompliziert bei Konflikten einschreiten und zwischen Opfern, Täter:innen und den Behörden vermitteln können.

Sicherheit für alle

Bremen und Bremerhaven sind dadurch zu Städten geworden, in denen Sicherheit, Sicherheit für alle bedeutet. Niemand hat Angst davor, alleine vor die Haustür zu gehen, egal wo, wie und zu welcher Uhrzeit. Auch Sorgen, von der Polizei zu unrecht festgenommen oder nicht ernst genommen zu werden, gehören der Vergangenheit an. Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste helfen allen Menschen in Not schnell und gleichermaßen, denn sie sind finanziell gut ausgestattet und ihr Personal und ihre Betriebskultur spiegeln die Vielfalt der Stadtgesellschaften wider. Gleichzeitig ist auch die Kriminalität gesunken, denn durch mehr soziale, wirtschaftliche und politische Teilhabe bekämpfen wir Armut und Ausgrenzung und verhindern dadurch, dass Situationen entstehen, in denen Kriminalität der letzte Ausweg zu sein scheint.

Politische Teilhabe für alle  

Bremen und Bremerhaven haben die Krisen der institutionellen Beteiligungsformen als Gefahr für die demokratische Legitimität erkannt und gehandelt. Angetrieben vom Ziel, die Beteiligung und Mitbestimmung aller Bremer:innen zu ermöglichen und zu fördern, wurden konsequente Reformen und Initiativen umgesetzt. Bürger:innen wurden erfolgreich dazu ermutigt, das liberalisierte Staatsbürgerschaftsrecht zur Einbürgerung zu nutzen, was die zuständigen staatlichen Stellen unkompliziert und schnell ermöglicht haben. Reformierte Strukturen und Arbeitsweisen der Beiräte und Jugendbeiräte haben ein Engagement für den Stadtteil wieder attraktiv und sind mit Lebensrealitäten gut vereinbar ist. Darüber hinaus wurden Beteiligungsformen im Stadtteil entwickelt, die ihren Bewohner:innen interessenbezogene, kurzweilige Mitgestaltungsmöglichkeiten eröffnen. Im Ergebnis erleben wir vielfältige politische Beteiligung, einen kontroversen Ideenaustausch und bürgerschaftliche Selbstwirksamkeit und damit zwei erstarkte demokratische Stadtgesellschaften.

Weltoffenheit und globale Verantwortung

Die Tradition Bremens und Bremerhavens, als Hafenstädte seit jeher auch über den eigenen Tellerrand zu schauen, ist mit der Zeit gegangen. Wir sind bekannt für unsere weltoffenen Stadtgesellschaften, die sich ihrer globalen Verantwortung in Zeiten internationaler Krisen und Herausforderungen bewusst sind und dementsprechend handeln. Zuwanderung verstehen wir als Bereicherung. Menschen von außerhalb unserer Landesgrenzen bringen frische Ideen, neues Wissen und kulturelle und wirtschaftliche Dynamik in unsere Städte. Die Aufnahme von Menschen, die vor Krieg, Verfolgung, Terror und Elend zu uns fliehen, verstehen wir als Gebot der Humanität und als Verpflichtung, die sich aus der deutschen Geschichte und der UN-Flüchtlingskonvention ableitet. Ihnen bieten wir Schutz. Die Unterbringung von Geflüchteten wird dezentral und kleinräumig in allen Stadtteilen organisiert. Alle Neubürger:innen heißen wir willkommen. Von Beginn an wirken unsere Behörden und Ämter, Betriebe und Unternehmen sowie unsere Zivilgesellschaft gemeinsam auf die schnelle Teilhabe dieser Menschen am Bildungssystem, am Arbeitsmarkt und am sozialen, kulturellen und politischen Leben unseren Stadtgesellschaften hin. Durch konsequente Aufarbeitung und kritische Bildungsarbeit ist aus unserer kolonialen Vergangenheit ein öffentliches Bewusstsein für die heute noch leidvollen Folgen des Kolonialismus auf unserer Erde gewachsen. Wir pflegen neue, lebendige Städtepartnerschaften im globalen Süden, unsere Betriebe und Unternehmen stellen die Einhaltung von Menschenrechten in ihren Lieferketten sicher und unsere Zivilgesellschaft engagiert sich in partnerschaftlichen, internationalen Projekten.

Bremen wird plietsch

Unser Verständnis von Bildung

Für uns bedeutet Bildung für Alle im Land Bremen ein Bildungssystem, das allen Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen die gleichen Bildungschancen ermöglicht, unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Alter, ihrem Beruf oder Status – also inklusiv und frei von Vorurteilen, von der Kita bis zur Uni oder der Ausbildung und darüber hinaus. Lernen dient nicht nur allein kapitalistischen Interessen, sondern ermöglicht es, die eigenen Fähigkeiten kennenzulernen und zu stärken. Dafür ist es besonders wichtig, durch Kooperation und Interaktion mit Mitmenschen Erfahrungen zu sammeln. Die Trennung zwischen Theorie und Praxis in unserem Bildungssystem wird aufgehoben. Es geht nicht mehr darum, nur für das spätere Leben zu lernen, sondern Herausforderungen im Hier und Jetzt zu bearbeiten und dafür die nötige Unterstützung zu erhalten. Lernen ist nicht mehr nur Kopfarbeit, sondern ganz praktisch und geschieht mit anderen Menschen vor Ort. Bildung ist die Voraussetzung dafür, künftige Generationen stark für zukünftige Herausforderungen zu machen und auch alle Erwachsenen sollen die Möglichkeiten zur Weiterbildung und zum lebenslangen Lernen bekommen. 

Schule als zentraler Ort des Lernens

Schulen, aber auch Kitas, sind die zentralen Orte der Bildung in unserer Stadtgesellschaft. Statt Segregation gibt es eine Schule für alle. Eine Schule, in der sich alle Menschen wohlfühlen und die nicht mehr Stress und Druck bedeutet. Statt auf Selektion setzen wir auf Inklusion in Schulen, die auf die Bedürfnisse aller Schüler:innen eingehen und niemanden aufgibt. Dabei tragen wir der Vielfalt in unseren Städten durch Sprachförderung von Anfang an Rechnung. Schulen bieten Freiräume, in denen Schüler:innen selbständig lernen, ihre Umwelt zu gestalten. Dafür verabschieden wir uns von klassischen Schulfächern, um mehr Platz für projektorientiertes, forschendes und übergreifendes Lernen zu haben. Schüler:innen im Land Bremen lernen ohne Leistungsdruck durch Benotung und nicht mehr fremdbestimmt, sondern angepasst an ihre Interessen und Fähigkeiten. Die Schüler:innen bestimmen über ihren Unterricht und ihre Schulen mit. Das Lernen findet nicht mehr in für sich stehenden Schulen statt. Stattdessen öffnen sie sich und treten in Austausch mit ihrem Stadtteil und den vielfältigen Akteur:innen und zivilgesellschaftlichen Initiativen vor Ort. 

Berufseinstieg und lebenslanges Lernen 

Die Frage, wie es nach der Schule weitergeht, beschäftigt viele junge Menschen. Für die meisten heißt das, sich zwischen einer Ausbildung oder einem Studium zu entscheiden. Dabei sind alle Hindernisse, seien sie struktureller oder finanzieller Art, aus dem Weg geräumt. Die Förderung eines Studiums und auch die Entlohnung einer Ausbildung ist so gestaltet, dass ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben möglich ist. Ausbildung und Studium werden als gleichwertige Wege verstanden und dementsprechend gestaltet. Die Ausbildungs- und Studieninhalte sind auf der Höhe der Zeit und setzen sich mit gegenwärtigen Problemen auseinander.

Bildung hört nicht nach der Schule, der Ausbildung oder dem Studium auf: In unserer schneller werden Gesellschaft hat die Weiterbildung und das lebenslange Lernen eine große Bedeutung. Daher gibt es ein Recht auf Weiterbildung und die Verankerung im Berufsleben. Dabei entscheiden die Interessen der Arbeitnehmer:innen und nicht allein der betriebliche Nutzen. Für alle Menschen gibt es gute und kostenlose Angebote der Erwachsenenbildung. Gerade für junge Menschen, die die Schule ohne Abschluss verlassen, gibt es besondere Angebote und Unterstützung.

Forschung

Hochschulen haben für unsere beiden Städte eine wichtige Funktion. Der Transfer aus der Wissenschaft in Gesellschaft und Wirtschaft wird bei der Lösung aktueller und zukünftiger Probleme eine immer wichtigere Rolle spielen. Mit einer starken Forschung werden wir die richtigen Antworten auf die Herausforderungen der Zukunft finden. Die Zivilklausel als wichtige Errungenschaft linker Politik in Bremen ist dabei eine Grundvoraussetzung. Ihre Garantie, dass Forschung in Bremen nur zu Friedenszwecken genutzt wird, ist in den heutigen Zeiten wichtiger denn je.

Starre Hierarchien gehören in unseren Hochschulen der Vergangenheit an, stattdessen gibt es ein System auf Augenhöhe. Gute Forschung braucht gute und gesicherte Arbeitsbedingungen. Statt Lehrstühlen gibt es demokratische Strukturen, die alle und nicht einige wenige Wissenschaftler:innen in den Vordergrund stellen. Jungen Wissenschaftler:innen wird der Rücken gestärkt, auch langfristige Projekte anzugehen und Rückschläge in der Forschung werden nicht bestraft.

Wichtig für Anpassung und Bekämpfung des Klimawandels ist auch eine stärkere Auseinandersetzung und wissenschaftliche Erforschung des gesamten Feldes der Klima- und Umweltwissenschaften. Umwelt- und Klimaschutz werden dazu bereits in die schulische und vorschulische Bildung eingebunden, die entsprechenden Studiengänge werden ausgebaut und die wissenschaftlichen Einrichtungen in diesem Bereich gestärkt. Insbesondere Letztere begreifen dabei den Transfer von Wissen in die Gesellschaft stärker als Teil ihrer Arbeit.

Smart City

Wenn Bremen und Bremerhaven plietsch werden sollen, müssen nicht nur die Menschen, sondern auch unsere beiden Städte dazulernen. Die Digitalisierung bietet unter dem Schlagwort “Smart City” hierfür verschiedene Ansätze, das Leben in unserem Bundesland zu verbessern. Solche Maßnahmen erfolgen nicht als Selbstzweck, sondern immer mit dem Ziel, die Lebensumstände der Menschen im Land Bremen zu verbessern und zu vereinfachen. Datenschutz spielt deshalb eine zentrale Rolle. 

Smart City umfasst unter anderem eine stärkere Einbindung verschiedener Angebote wie (Car-)Sharing in das öffentliche Leben oder die Digitalisierung der Verwaltung. Gerade bei der Bewältigung der Klimakrise zeigen sich die Stärken der Smart City. Durch eine bessere Verkehrs- und Mobilitätspolitik, aber auch durch einen effizienten Umgang mit knappen Ressourcen lassen sich wichtige Fortschritte erzielen. Eine smarte Stadt bedeutet aber auch durch neue digitale Formate eine stärkere Beteiligung der Bevölkerung bei Entscheidungen.

Bremen wird nachhaltig!

Die Krise, die uns als Gesellschaft im Land Bremen vermutlich am anhaltendsten beschäftigen wird, ist der Klimawandel. Es ist noch längst nicht klar, wohin sich die Welt entwickeln wird und ob eine global gerechte Klimapolitik gelingt, die den Temperaturanstieg auf ein erträgliches Maß begrenzt. Bremens Einfluss auf die globalen Entwicklungen ist angesichts unserer Größe begrenzt. Trotzdem haben wir eine Verantwortung zumindest unsere beiden Städte zügig klimaneutral umzubauen. Als Jungsozialist:innen denken wir diesen Prozess immer von der sozialen Seite. Wenn es uns nicht gelingt, die Anpassung an den Klimawandel sozial zu gestalten und die Kosten des Klimawandels gerecht zu verteilen, droht die Gesellschaft auseinanderzureißen. Das gilt im Grundsatz überall, aber aufgrund der sozialen Ausgangslage in Bremen und Bremerhaven besonders.

Bremen muss klimaneutral werden!

An einer klimaneutralen Zukunft in Bremen und Bremerhaven führt für uns kein Weg vorbei. Dazu braucht es ein Umdenken in den meisten unserer Lebensbereiche. Als Jusos stellen wir dabei systemische Fragen – ein Kapitalismus, der zum eigenen Fortbestehen endloses Wachstum braucht, ist mit den begrenzten Ressourcen unseres Planeten nicht vereinbar. Die Wiederholung dieser Binsenweisheit alleine löst das Problem jedoch nicht und es ist – alleine schon aus zeitlichen Gründen – nicht damit getan, den Kapitalismus zu bekämpfen und dann zu hoffen, dass der Klimaschutz dann von selbst kommt.

Sichtbarster Teil eines klimaneutralen Bremens ist die Verkehrswende. Dazu gehören der Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor für Neuwagen und ein massiver Umbau der Verkehrsinfrastruktur zugunsten von Bus und Bahn, Fußgänger:innen und Radfahrer:innen. Es gibt auch weiterhin Autos, denn die bestehenden werden nicht einfach verschwinden und nicht alle Menschen wollen oder können ohne Auto leben. Mobilitätskonzepte, die Autos kategorisch ablehnen, machen wir uns nicht zu eigen. Der Nahverkehr ist zukünftig ticketlos und umlagefinanziert. Alle Stadtteile und unsere beiden Städte sind untereinander und mit dem Umland so vernetzt, dass ein Leben ohne Auto problemlos möglich und attraktiv ist.

Auch beim Einkaufen gibt es eine spürbare Umstellung, denn wir müssen als Gesellschaft einen Ausstieg aus der immer schnelleren Wegwerfindustrie schaffen. Unser Ziel ist eine Kreislaufwirtschaft mit möglichst vielen regionalen Komponenten. Das beginnt mit der regionalen Erzeugung von Lebensmitteln (bspw. auch im Rahmen von urban farming), geht über Reparaturmöglichkeiten für Gebrauchsgegenstände/-geräte und Möglichkeiten für Kauf und Verkauf gebrauchter Waren und endet bei Müllentsorgung und -recycling hier vor Ort. Ein Baustein dazu sind Sharingkonzepte für verschiedene Produkte und Werkzeuge. Nachhaltiges Bauen mit recycelten Stoffen oder Naturmaterialien (bspw. Hanfstein, Holz) oder Klimakomponenten (bspw. Solarpanel auf dem Dach, Dachbegrünung) werden zum Standard. Wenn es nicht über Anreize gelingt, werden dafür rechtliche Vorschriften geschaffen.

Jenseits des persönlichen Lebensumfelds stellt die Bekämpfung des Klimawandels auch große Herausforderungen an die Wirtschaft. Für uns als Jusos ist klar: Den Umbau zu einer klimaneutralen Zukunft gibt es nur mit kräftigen Investitionen öffentlicher und privater Gelder. Als Bundesland und Kommunen sind wir abhängig von Rahmenbedingungen, die wir selbst nur begrenzt beeinflussen können. Gerade deshalb betreiben wir eine aktive Industriepolitik, um wichtige Industrien wie Airbus, Mercedes oder das Stahlwerk in Bremen zu halten.

Durch eine bessere Dämmung benötigen wir einerseits weniger Heizenergie, andererseits brauchen wir mehr Strom, um Prozesse ohne Ausstoß klimaschädlicher Gase zu organisieren. Bremen und Bremerhaven werden deshalb neue Wege der klimaneutralen Strom- und Energieversorgung beschreiten. Neben Wind- und Sonnenenergie nutzen wir dabei auch die Möglichkeiten der Geothermie, zum Beispiel auf der Luneplate, oder der Hydrothermie.

Die Häfen im Land Bremen sind ein Schlüssel zur wirtschaftlichen Entwicklung – in Bremen und der gesamten Bundesrepublik. Als Knotenpunkte in der weltweiten Logistik fällt ihnen eine wichtige Rolle im Klimaschutz zu. Landstromversorgung und Versorgung mit alternativen Treibstoffen gehören für uns zu einer modernen, klimafreundlichen Hafeninfrastruktur. Die Hinterlandanbindung läuft in erster Linie über die Schiene. Bremen und Bremerhaven sind wichtige Werftstandorte, wodurch unsere beiden Städte eine wichtige Rolle bei der Zukunft des Schiffbaus einnehmen. Mit Ausnahme von Spezialschiffen müssen alle hier gebauten Schiffe einen klimaneutralen Antrieb haben. Der Weg zu dieser Antriebswende wird nicht einfach, denn bisher gibt es dafür kaum marktreife Technologien – hier gilt es diese in Kooperation mit den entsprechenden wissenschaftlichen Einrichtung zu entwickeln. Auch der wichtige Tourismuszweig der Kreuzfahrten wird in Bremen nur eine Zukunft haben, wenn auch diese Schiffe klimaneutral fahren können.

Der Bremer Flughafen ist Tor zur Welt und wichtiger Standortfaktor für verschiedene Industrien der Luft- und Raumfahrt, aber auch für Messen und Events. Kurzstrecken- und Zubringerflüge werden aber in Zukunft mit einem gut ausgebauten Schienenverkehr nicht mehr notwendig sein. Stattdessen wird es alternative Konzepte geben, damit der Flughafen mit seiner wichtigen Funktion erhalten bleibt.

Bremen muss sich dem Klimawandel anpassen!

Bremen und Bremerhaven als Städte an Weser und Meer stehen nicht nur in einer besonderen Verantwortung, den Klimawandel einzudämmen: Unsere Zukunft hängt ganz massiv von der Anpassung an den Klimawandel ab, den es schon jetzt absehbar unaufhaltbar geben wird. Seit jeher leben die Menschen hier sicher hinter schützenden Deichen – sie sind überlebensnotwendig. Dabei setzt Bremen auch in Zukunft auf die demokratische Institution der Deichverbände – jedoch mit anderen Vorzeichen: Wem Grund und Boden gehört, zahlt den Deichschutz – Mitbestimmen dürfen Alle! 

Auch in anderen Bereichen passt sich Bremen dem Klimawandel an. Besonders sinnvoll und unterstützungswürdig sind Ideen, die gleichzeitig einen Beitrag zu Klimaschutz und -anpassung darstellen. Beispielsweise sind Quartiere so gestaltet, dass mehr Grünflächen im Sommer zur Kühlung beitragen und als entsiegelte Fläche Schutz vor Starkregen bieten.

Bremen wird sozialistisch

Was wir unter Sozialismus verstehen

Wir Jusos verstehen uns als sozialistischer Richtungsverband. Wir wollen den Kapitalismus überwinden und streben eine Gesellschaft an, in der sich alle Menschen frei entfalten können und in der die Wirtschaft den Menschen dient – nicht andersherum. Wir kämpfen für die Demokratisierung aller Lebensbereiche. Durch das Streben nach einer solchen Gesellschaft betrachten wir uns selbst als demokratische Sozialist:innen. 

Wir kämpfen für den Industriestandort Bremen. Stahlwerk, Automobilindustrie und die Häfen bleiben nicht nur wichtig für unsere bremische Identität – sondern schaffen weiterhin Arbeit für tausende Bremer:innen und Bremerhavener:innen. Statt Deindustrialisierung werden notwendige Veränderungen und Innovationen mit den Beschäftigten gestaltet und nicht Einzelpersonen und ihren Profitinteressen überlassen. Statt auf rein quantitatives, von Aktionär:innen gesteuertes Wachstum der Industrie und Wirtschaft setzen wir in Bremen auf qualitatives Wachstum, ausgerichtet an den Bedürfnissen der Menschen.

Die Menschen in Bremen entscheiden demokratisch und gemeinsam, wie und was produziert wird. Das bedeutet keine Planung von oben herab, sondern aus den Betrieben heraus und von allen Beschäftigten zusammen erarbeitet. Dabei orientieren wir uns an den Bedürfnissen der Menschen, gerade im Hinblick auf den Klimaschutz. Grund und Boden, Wohnraum und Produktionsmitteln der Schlüsselindustrien (wie z.B. große Fabriken und Logistikstandorte) werden wir deshalb in Bremen und Bremerhaven vergesellschaften.

Wie wir arbeiten wollen

Arbeit ist für uns Jusos die Grundlage für gesellschaftliche Beteiligung und Veränderung. Deshalb gibt es ein Recht auf Arbeit! Bremen und Bremerhaven garantieren über kommunale Programme allen Menschen unabhängig von Geschlecht, Alter, Behinderung oder Herkunft eine sinnvolle Arbeit. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass allen Menschen durch ihre Arbeit ein sorgenfreies Leben ermöglicht wird und niemand Angst vor Arbeitslosigkeit und Armut hat.

Die Art und Weise, wie wir arbeiten, wird sich im Bremen der Zukunft, insbesondere durch die Digitalisierung, verändern. Das begreifen wir nicht als Bedrohung, sondern als Chance: Die Digitalisierung gibt uns die Möglichkeit, krankmachende, stupide und entfremdete Arbeit von Maschinen machen zu lassen. Dadurch fällt die Arbeit leichter und wird gleichzeitig produktiver. So eröffnen sich Spielräume für eine Verkürzung der Arbeitszeit und für ein Leben abseits des Arbeitsplatzes.

Um die Verknüpfung von Arbeitsteilung und Geschlecht zu beenden, wird Care-Arbeit als zentrale gesellschaftliche Aufgabe begriffen und neu organisiert. Im Land Bremen gibt es eine hochwertige und gut ausgebaute Care-Infrastruktur (z.B. mit ausreichend KiTa-Plätzen für alle Kinder oder öffentlichen Kantinen/Mensen), die keinen ökonomischen Zwängen unterworfen sind. Care-Aufgaben werden nicht länger ins Private ausgelagert und stattdessen professionalisiert, dabei wird dieser Bereich genau so gut entlohnt wie andere Berufsfelder. Nicht jede Form von Care-Arbeit kann oder soll vergesellschaftet werden. Wer sich um Kinder oder andere Angehörige kümmern muss oder will, erhält dafür aber die nötige Unterstützung. Die unbezahlte Fürsorgearbeit ist gerecht zwischen den Geschlechtern verteilt und der Dreiklang aus Weiblichkeit-Fürsorge-Armut gehört der Vergangenheit an.

Abschied von der Klassengesellschaft und garantierte soziale Rechte

Wir streben eine Gesellschaft der Freien und Gleichen an. Unser Bremen der Zukunft kennt keine Armut und soziale Ungleichheit. Es kommt nicht mehr darauf an, in welchem Elternhaus man geboren wurde. Stattdessen haben alle dieselben Chancen unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Alter oder Behinderung. Wer Unterstützung benötigt, soll sie in allen Lebenssituationen bekommen – beginnend bereits vor der Geburt bis zum Lebensende. Da wo es noch nötig ist, sorgen wir durch eine gerechte Besteuerung von Vermögen und Einkommen für einen Ausgleich. Alle Menschen in Bremen und Bremerhaven leisten ihren Anteil zur gerechten Finanzierung des Gemeinwesens.

Das Land Bremen garantiert die Erfüllung menschlicher Grundbedürfnisse! Wohnen, Mobilität, Bildung, Gesundheit, Wasser, Strom und Wärme gehören zur öffentlichen Daseinsvorsorge und werden nicht dem Markt überlassen. Alle diese öffentlichen Güter sind allen Menschen gleichermaßen zugänglich. Die Versorgung liegt dazu in kommunaler Hand und dient nicht dazu, Gewinne zu erwirtschaften.

Heute damit anfangen

Um unsere Ziele zu erreichen, können wir das Land Bremen nicht einfach vom kapitalistischen System entkoppeln. Wir wollen aber die Möglichkeiten für sozialistische Maßnahmen vor Ort nutzen und diese langfristig Schritt für Schritt ausbauen. Das Land Bremen muss das Gemeinwohl in den Vordergrund stellen und die Menschen vor den negativen Auswirkungen des globalisierten Kapitalismus schützen.

Wir wollen Bremen und Bremerhaven zu Vorbildern machen. Unsere Vision einer sozialistischen Gesellschaft soll sich in die Welt des real existierenden Kapitalismus ausbreiten. Dafür kämpfen wir an der Seite der Bremer:innen und Bremerhavener:innen und immer ausgehend von den gegenwärtigen Verhältnissen.


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